Zweites Erasmus+-Treffen in Polen (April 2015): Unterschied zwischen den Versionen
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Von ihren Gastschülern zum Treffpunkt gebracht, trafen sich alle Delegationen mit ihren Lehrern zum Projekttag zu dem Maler „Mayer Kirshenblatt“. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Direktorin des Museums in Opatow folgte eine Zusammenfassung über das Leben des Malers. Mayer Kirshenblatt war ein in Opatow geborener Jude, welcher vor dem Holocaust 1934 mit 17 Jahren nach Kanada emigrierte. Dort baute er sich eine neue Existenz auf, gründete eine Familie und fand in Kanada eine neue Heimat. | Von ihren Gastschülern zum Treffpunkt gebracht, trafen sich alle Delegationen mit ihren Lehrern zum Projekttag zu dem Maler „Mayer Kirshenblatt“. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Direktorin des Museums in Opatow folgte eine Zusammenfassung über das Leben des Malers. Mayer Kirshenblatt war ein in Opatow geborener Jude, welcher vor dem Holocaust 1934 mit 17 Jahren nach Kanada emigrierte. Dort baute er sich eine neue Existenz auf, gründete eine Familie und fand in Kanada eine neue Heimat. |
Version vom 7. Juni 2015, 22:17 Uhr
Das zweite Treffen in Polen - Warschau, Krakau, Auschwitz, Opatow
The second meeting in Poland 18.4. - 25.4.2015
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1. Tag AnreiseAm frühen Samstagmorgen trafen sich sechs Schüler des Regiomontanus-Gymnasiums mit ihren Lehrern Alexandra Weber und Jörg Thelenberg, um sich auf die Reise in die polnische Hauptstadt zu begeben. Um 6.50 Uhr hieß es, Abschied zu nehmen und sich im Rahmen des Erasmus-Projektes auf den Weg nach Warschau zu machen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Würzburg erreichten wir den Flughafen in Frankfurt. Gegen 14:45 Uhr landeten wir in Warschau. Da wir in das Programm erst am Sonntag einstiegen, bot sich der verbleibende Nachmittag für eine entspannte Besichtigung der Stadt an. So erhielten wir einen ersten Eindruck der Metropole und konnten uns ein Bild von dem machen, was uns in der kommenden Woche erwartet. Nach dem Abendessen entschieden wir uns für die öffentlichen Verkehrsmittel, um in unser Hotel, das am südlichen Rande der Stadt liegt, zurückzukehren. Dabei unterstützte uns ein heimischer Architekt beim Auswählen einer geeigneten Route. Er selbst ist in Warschau für die Erneuerung alter Gebäudekomplexe zuständig, die er uns auf einem kurzen Fußweg zur nächsten Haltestelle zeigte. Somit bot sich uns Einblick in das Bild Warschaus der Vorkriegsjahre. Gegen 23:45 erreichten wir schließlich unser Hotel. Dort galt es, sich für die kommenden Tage auszuruhen. (Nico Hofmann)
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2. Tag WarschauVerhältnismäßig lange hatten wir am Sonntagmorgen Zeit, bis die Delegationen aus Rumänien, Griechenland und Portugal uns am Hotel abholten. Um 11:30 Uhr schließlich besuchten wir die Altstadt Warschaus. Dort zeigte sich uns eine der jüngsten Altstädte Europas. Im 2. Weltkrieg schwer getroffen und in der Nachkriegszeit weitgehend rekonstruiert, entwickelte sich Warschau erst in den Folgejahren zu dem, was es heute ist: Eine 1,7 Millionen Metropole mit einflussreichem geschichtlichem Hintergrund. Leider wurde im Zweiten Weltkrieg die Stadt fast völlig dem Erdboden gleich gemacht, sodass sich heute nur noch vereinzelte Überreste dieser Kulturstadt finden, die den Reiz Warschaus in früherer Zeit erahnen lassen. Wer, wie wir, am 19. April in der Innenstadt Warschaus unterwegs ist, wird sich verwundert fragen, warum alle Menschen gelbe Blumen tragen. In jedem Jahr erinnert die Stadt an den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943. Damals hatten sich Juden des Ghettos trotz oder gerade wegen ihrer aussichtslosen Situation gegen die deutschen Besatzer gewehrt und wollten ein Zeichen setzen, dass man sich nicht kampflos ergeben würde. Ein beeindruckendes Zeichen des Widerstandes, das die Stadt u.a. auch mit einem Wahrzeichen für die Ghettohelden gewürdigt hat und das neben dem Museum zur Geschichte der polnischen Juden steht. Dort begaben wir uns nach der Stadtführung hin. Nach einem Mittagessen im Museum der Geschichte der polnischen Juden wurde für uns dieser geschichtliche Hintergrund erstmals fassbar. Keineswegs lässt sich die Bedeutung der polnischen Juden auf den Holocaust beschränken, ohne zu leugnen, welche Tragweite dieser für sie hatte und hat. Das Museum stellt von der Einwanderung über den Alltag und dem Verhältnis mit den Einheimischen bis hin zum Holocaust die gesamte Geschichte der polnischen Juden dar. In einer zweistündigen Führung wurde uns die Ausstellung knapp präsentiert. Für eine genauere Betrachtung ist die Ausstellung, wie auch der historische Hintergrund selbst, zu vielschichtig, um alle Aspekte studieren zu können. Nach dem Museumsbesuch machten wir uns auf die Reise nach Opatow, unserer Heimatstadt, die sich 190km südlich von Warschau befindet. Dort lernten die Schüler ihre Gastfamilien kennen und fanden am Abend Ruhe von einem anstrengenden Tag. (Nico Hofmann)
> s. auch Blick in das Museum zur Geschichte der polnischen Juden > s. auch Artikel ,,Der Aufstand im Warschauer Ghetto" (english: The Warsaw Ghetto Uprising 1943 )
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4. Tag Krakau5.30 Uhr ist eigentlich eine unmenschlich frühe Zeit für die meisten Menschen. Zu früh, um locker aufzustehen, aber zu spät um sich schlafen zu legen. Um 5.30 Uhr brachen wir von Opatow zu unserem Tagesziel Krakau auf. Das kulturelle Zentrum Polens erreichten wir gegen 9.00 nach einer 150 km langen Busfahrt, die dankbar von den meisten genutzt wurde, um sich noch ein wenig auszuruhen. Erster Programmpunkt in Krakau war das jüdische Museum Galicia im Stadtteil Kazimierz. Kazimierz, das von König Kasimir dem Großen (1335) gegründet wurde ,diente nach einem großen Feuer (1494) in Krakau als Zufluchtsort der jüdischen Flüchtlinge, da man die Juden dafür verantwortlich machte und sie aus ihrem alten Stadtbezirk vertrieb. Allerdings waren die polnischen Fürsten intelligent genug, die jüdische Bevölkerung, die nicht nur sehr gut ausgebildet, sondern auch zum Teil sehr wohlhabend war, hier anzusiedeln. Durch die frühe industrielle Ausweitung der mitteleuropäischen Städte war Kazimierz nicht länger ein kleines Städtchen am Ufer der Wisla, sondern wieder ein Teil von Krakau. Die Einzigartigkeit dieses Ortes zeigt sich dadurch ,dass es bedingt durch die bewegte Geschichte des 20. Jahrhunderts lediglich nur noch zwei historische Plätze in Europa gibt, an denen man erahnen kann, wie jüdische Menschen vor der großen Katastrophe des 2. Weltkrieges gelebt haben. Einer hiervon ist Kazimierz im polnischen Krakau, der zweite befindet sich im benachbarten Tschechien, um genauer zu sein in Prag. Jüdischem Leben auf der Spur folgten wir unserer Stadtführerin durch das Viertel, das vielen als wesentlicher Schauplatz des Films „Schindlers Liste“ bekannt vorkommen würde. Eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten dort ist die ehemalige Synagoge , diese wurde nach dem Krieg zu einem jüdischen Museum umgebaut. Während der Besichtigung der ehemaligen Synagoge erhielten wir großzügig Einblick in das alltägliche Leben der jüdischen Bevölkerung in Kazimierz vor der Jahrhundertkatastrophe. Neben den großen Festen wie Hanuka (Lichterfest) und Barmitzwa erfuhren wir auch Näheres über die traditionelle koschere Essenszubereitung der polnischen Juden. Während des Rundgangs durch den restlichen Teil des ehemaligen jüdischen Viertels besichtigten wir neben weiteren Schauplätzen des Films „Schindlers Liste“ noch eine „aktive“ Synagoge und den dazugehörigen traditionellen jüdischen Friedhof. Unsere Führung durch Kazimierz beendeten wir mit einem Besuch des klassischen jüdischen Restaurants Hamsa in Kazimierz, das getreu der jüdischen Essensvorschriften koscher für uns kochte. Programmtechnisch setzten wir den Tag nach dem Mittagessen mit einem “Jiddisch-Kurs für Anfänger“ fort. Zum Erstaunen der deutschen Delegation hat das Jiddische in gesprochener Weise überraschend große Ähnlichkeit mit dem Deutschen, was es uns ermöglichte bemerkenswert leicht erste Sätze unserer Mentorin zu reproduzieren. Hebräisch zu schreiben war hingegen für die meisten schwer. Neben der richtigen Haltung des Federfüllers ist zudem noch die korrekte Schreibart zu beachten. Nach den ersten Schreiberfolgen, widmeten wir uns dann dem weltlichen Krakau . Wie zu jeder guten Sightseeing-Tour durch Krakau gehörte ein Besuch der Festungsanlage Wawel mit dazu. Die über der Stadt thronende Anlage war einst der Sitz der polnischen Könige. Nach ausgiebigem Genuss des uns gebotenem Stadtpanoramas, beschlossen wir, auf der Burganlage Passanten zum Thema „Jüdische Geschichte / Jüdisches Leben in Europa" zu interviewen. In Kleingruppen zu je fünf Schülern aus jeder Delegation ( Rumänien, Griechenland, Portugal, Deutschland ) machten wir uns eigenständig auf , um unterwegs Passanten anzusprechen und zu befragen. Nachdem wir die anfängliche Zurückhaltung überwanden, trafen wir auf interessante Menschen aus halb Europa mit denen wir aufschlussreiche Gespräche führten. Der Hauptroute vom Wawel zum Marktplatz folgend kamen wir an unzähligen wunderschön restaurierten Gebäuden vorbei, die nun wieder im alten Glanz erstalten. Nach einem kurzen historischen Crashkurs über die Geschichte der wichtigsten Bauten am „Rinek“ begann unsere Freizeit, die uns ermöglichte Krakau auf unsere eigene ganz individuelle Weise weiter zu erkunden. Letzter Programmpunkt des Tages war dann das Klezmer-Konzert im Galicia Museum mit integriertem Abendessen. Beim Klang von traditionellen jüdischen Melodien ließen wir diesen ereignisreichen Tag ausklingen. (Andreas Scherbach, Q11)
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6. Tag Erinnerung an Mayer Kirshenblatt - Workshop,,I consider myself a storehouse of memories." (Mayer Kirshenblatt) Von ihren Gastschülern zum Treffpunkt gebracht, trafen sich alle Delegationen mit ihren Lehrern zum Projekttag zu dem Maler „Mayer Kirshenblatt“. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Direktorin des Museums in Opatow folgte eine Zusammenfassung über das Leben des Malers. Mayer Kirshenblatt war ein in Opatow geborener Jude, welcher vor dem Holocaust 1934 mit 17 Jahren nach Kanada emigrierte. Dort baute er sich eine neue Existenz auf, gründete eine Familie und fand in Kanada eine neue Heimat. Doch die Erinnerungen an seine Heimat- und Geburtsstadt Opatow ließen den Maler nicht los. Er erzählte seiner Tochter ununterbrochen von seinen Erinnerungen an seine Kindheit in Opatow, weshalb sie ihn dazu aufforderte seine Erinnerungen zu zeichnen. Obgleich er sich zu Beginn vor dem Malen etwas zierte, wie seine Tochter berichtet, da er in seinem Leben zuvor nie gelernt hatte zu zeichnen, begann er, u.a. auch aufgrund der Ermunterung durch seine Frau, zu zeichnen. Er war selbst sehr überrascht über seine Ergebnisse. Dies ermutigte ihn, weiter zu machen. So verewigte er das, was er in Opatow in seinen Jugendjahren erlebt hatte, in Wort und Bild. Da er ein photographisches Gedächtnis besaß, sind seine Gemälde sehr wirklichkeitsgetreu und wurden somit als Widerspiegelung des alten Opatow sehr berühmt. 2007 veröffentlichte er zusammen mit seiner Tochter Barbara Kirshenblatt Gimblett das Buch ,,They called me Mayer July: Painted Memories of a Jewish Childhood before the Holocaust", das den Canadian Jewish Book Award, den J. I. Segal Book Award und den American Association of University Presses (AAUP) award für Buchdesign gewann. Das Buch dokumentiert die 40-jährige Zusammenarbeit zwischen ihm und seiner Tochter. Es zeigt nicht nur ein Bild des ,,alten Opatow", von dem es heute keine bildlichen Zeugnisse aus dieser Zeit mehr gibt, sondern gleichzeitig auch einen Blick in die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Opatow und in die jüdische Kultur mit ihren Bräuchen. Umso mehr war es eine Freude, als der Maler zusammen mit seiner Tochter nach Opatow zurückkehrte und seine Arbeiten im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentierte. Damit verbunden war auch ein Rückblick in eine ,,vergessene Zeit".
Der an die Einführung anschließende Film ,,Paint what you remember", eine Reportage über das Leben des Malers, zeigte für alle Beteiligten ein überraschendes Bild von einem älteren, aufgeweckten und humorvollen Menschen, dessen Ziel es war, seine Erinnerungen bis zuletzt auf Leinwand zu bringen. Im Film werden einzelne Lebensabschnitte aufgezeigt. Er reicht von seiner Emigration aus Opatow über sein neues Leben in Kanada bis zu seinem letzten Besuch in Opatow, mit welchem sich der Film größtenteils befasst. Hier stehen vor allem die Reaktionen der Bewohner auf die Ausstellung seiner Gemälde im Mittelpunkt. Diese fielen alle sehr postitv aus, da die jüngeren Bewohner somit das „alte Opatow“ entdecken konnten und den schon damals dort lebenden Bewohnern die Chance gab, ihre Erinnerungen wieder hervorzurufen. Nach der Filmpräsentation erläuterte die Museumsdirektorin im Rahmen einer Ausstellung einige seiner Werke und deren Hintergrundgeschichten näher. Diese dort zu betrachteten Motive bzw. Plätze galt es nun in Form eines Rundgangs durch die Stadt neu zu erkunden. Vor dem Spaziergang erhielten die Schüler und Lehrer noch eine kurze Führung durch das im selben Gebäude befindliche Museum für Kalligraphie. Der anschließende Rundgang durch Opatow führte die Gruppe nun zu den von Kirshenblatt gemalten Plätzen, an welchen die Schüler die alten Gemälde mit den aktuellen Plätzen vergleichen und fotografieren sollten. Anschließend fanden sich alle Delegationen und Lehrer wieder im Anfangsgebäude ein. Hier begann nun der künstlerische Workshop, in welchem es zunächst (in einer Aufwärmphase) darum ging, Mandalas zu gestalten. Anhand dieser Mandalas sollten die Teilnehmer lernen, sich besser in die Situation, in der sich der Künstler zu Beginn seiner Arbeit befand, hineinzuversetzen und sich auch ohne große künstlerische Begabung ausdrücken und mitteilen zu können. Diese Mandalas wurden dann alle zusammen auf einer Wand aufgeklebt. Im zweiten Teil des Workshops hatte jeder Schüler die Aufgabe, ein aktuelles Bild zu einzelnen Plätzen und Gebäuden in Opatow zu suchen, welches zu seiner Kopie eines Gemäldes von M. Kirshenblatt passte. Um die Verknüpfung zwischen dem „alten“ und „neuen“ Opatow besser zu verdeutlichen, gestalteten die Schüler nun im Rahmen einer Collage die Kopien mit den Bildern von Mayer Kirshenblatt kreativ um. Die Evaluation des Projekttages fiel sehr positiv aus, so fanden alle Teilnehmer den Tag sehr kreativ, anders und sehr interessant.
(Annika Götz, Q11)
s. auch > Museum of family history - The history of Mayer Kirshenblatt - Hintergrundgeschichte und Beschreibung seiner Arbeit, Auszug aus seinen Werken > Mayer Kirshenblatt erzählt in Yiddish ,,The Hunchback's Wedding"
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7. Tag Workshop - Zusammenfassung der Eindrücke/Interviews - Vorstellung der Ergebnisse |
8. Tag/9. Tag Zwischenstop auf der Rückreise in Warschau: Besuch des jüdischen Gettos, Interview mit Frau Kirshenblatt-Gimblett und Rückfahrt> Impressionen vom Warschauer Getto zur Zeit der deutschen Besatzung > Das Warschauer Getto damals und heute
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