Das "lyrische Ich"
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Das "lyrische Ich" raucht eine Zigarette
1. Warum das "lyrische Ich" sinnvoll ist
In der Literatur - z.B. im Erzähltext - müssen wir grundsätzlich zwischen dem Autor und dem Erzähler unterscheiden. Beispielsweise vertritt der Erzähler nicht immer die Meinung oder die Auffassung des Autors. In der Erzählung "Sonja" aus Judith Hermanns empfehlenswerten Erzählband "Sommerhaus, später" ist der Erzähler männlich - und das obwohl die Autorin weiblich ist.
Im Gedicht gibt es keinen "Erzähler". Um diese beiden Kategorien (Autor, "Erzähler") dennoch differenzieren zu können, hat sich in der Literaturwissenschaft irgendwann einmal der Begriff "lyrisches Ich" durchgesetzt. Weil viele Gedichte in der 1. Person verfasst sind, erscheint dieser Begriff auch passend.
2. Warum man vielleicht doch einen anderen Begriff wählen könnte
Es gibt dennoch auch Argumente gegen das "lyrische Ich". Allerdings favorisiert deswegen niemand den Begriffsgebrauch "Autor".
Unfreiwillige Komik
"Das lyrische Ich raucht eine Zigarette" klingt komisch.
Beschränkung aufs "Ich"
Es gibt Gedichte, die kein "Ich" enthalten. Gibt es dann einen Erzähler in der 3. Person?
Grammatische Probleme
Wenn man vom "lyrischen Ich" spricht, muss man in allen grammatischen Bezügen auch immer mit "es" fortfahren. Das klingt seltsam, wenn z.B. ein klar erkennbar männliches Ich im Gedicht auftritt: "Das lyrische Ich betont seine Unabhängigkeit. Es stellt seine Männlichkeit demonstrativ zur Schau."
3. Synthese: Der "Sprecher" als Alternative
Als Alternative hat sich der "Sprecher" bewährt. Er ist literaturwissenschaftlich haltbar (Gedicht als "Rede") und stellt uns vor keine grammatischen Probleme in der Bezugnahme.