Tilly

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Der Hätscherklooßen-Brauch

Zur Zeit des 30-jährigen Kriegs wurde die kleine evangelische Stadt Königsberg von einem der bekanntesten und berühmtesten Feldherren der katholischen Liga besetzt: Johann Tserclaes, Graf von Tilly. Am 6. März 1632 (nach unserem heutigem gregorianischen Kalender der 16. März) kam er mit seinen etwa 8.000 Soldaten in der Stadt an und bewohnte ein Haus am Salzmarkt. In dieser Nacht kam es dann zu einem großen Brandt der durch die Unachtsamkeit von Tillys Soldaten entstand, da diese während ihrer Wache im Stall einschliefen und eine umgefallene Lampe das Stroh in Brand steckte. Das Feuer verbreitete sich rasch und zerstörte etwa ein Drittel der Stadt. Es heißt, dass Tilly seinen Männer befohlen habe das Feuer so schnell wie möglich zu löschen, um um jeden Preis die prächtige Marienkirche zu retten, was ihm auch gelang. Im Volksmund verband sich das Grauen der Feuerbrunst mit dem Namen des Feldherren Tserclaes und man gedenkt heute noch an seine Taten. Denn jedes Jahr am 30. November verkleiden sich die Jungen und Mädchen von Königsberg und ziehen von Haus zu Haus, um die Leute an dieses Ereignis zu erinnern und sie vor den Gefahren des Feuers in Form eines Gedichtes zu warnen, wofür sich auch mit Süßigkeiten oder etwas Geld belohnt werden.Sie tragen lange Mäntel, Pluderhosen, setzen einen Hut mit Feder auf und malen sich einen Bart ins Gesicht, damit sie aussehen wie Tilly seiner Zeit. Da sich die Leute jedoch mit der Aussprache des Namens Tserclaes sehr schwer taten, wurde er durch die mündliche Weitergabe immer mehr verstümmelt bis aus Tilly Tserclaes der „Hätscherkloß“ wurde.

Natürlich sind im Laufe der Jahre verschiedene „Hätscherklooßen-Gedichte“ entstanden und jedes Kind trägt das vor, das er am liebsten mag. Die drei bekanntesten Gedichte sind:

Nummer 1:
Ich bin der Tilly und Hätscherklooß
und Du wirst mich fragen, was ist das bloß?
Drum bin ich gekommen vor Deine Tür
und krame die alte Geschichte herfür:
Mitten im Märzen, zur Frühlingszeit,
kam über die Stadt viel Herzeleid.
Am Salzmarkt droben quartierte ich ein,
bis aus dem Schlafe mich schreckte ein roter Schein.
Ein Reitknecht, zündelnd zur mittleren Nacht,
hatte mit Kerzen das Feuer entfacht.
Es fraßen die Flammen zwei Drittel der Stadt,
bis keiner ein Dach überm Kopfe mehr hatt’.
Wer uns geängstigt jahraus, jahrein,
soll heute mal selber geängstigt sein.
Das ist der Sinn vom Hätscherklooß,
drum ist allhier der Teufel los.

Nummer 2:
In bin ein Hätscherklooße und geh' von Haus zu Haus
ich trage Pulderhose, schau' wie der Tilly aus.
Sein Name steht noch heute an Salzmarkt linker Hand,
wo dort ihr lieben Leute der Tilly Wohnung fand.
Doch in der Nacht oh Schrecken!
Da brach ein Feuer aus,
verschlang das halbe Städtchen und mit ihm Mann und Maus.
Lang lag die Stadt in Asche, bis sie wurd' neu erstellt
gut ist sie gelungen, dass sie auch mir gefällt.
Drum liebe Leut' und Bürger, was sagt euch die Geschicht' ?
Hütet in den Häusern das Feuer und das Licht.

Nummer 3:
Ich bin ein armer Hätscherklooß und hab kein' Pfennig in der Hos,
drum bitt' ich euch ihr lieben Leut ' um eine kleine Gabe heut.

Hätscherklooßenbrauch heute

Hätscherklooßen.jpg


Tilly-Haus

Tilly-Haus.JPG

Haus am Salzmarkt, in dem Tilly während seines Aufenthalts in Königsberg wohnte. Wurde nach dem großen Brand von 1632 wieder aufgebaut und ist heute eine Unterkunft für heimatlose Katzen und nicht für die Öffentlichkeit zugängig.

Tilly-Gedenktafel

Tilly-Tafel.JPG

Oberhalb des Eingangstors (siehe Bild: „Tilly-Haus“) angebracht mit dem genauen Aufenthaltsdatum Tillys. Nach der alten Zeitrechnung der 6. März 1632 (obere Ziffer) und nach der heutigen gregorianischen Zeitrechnung der 16. März 1632 (untere Ziffer).


Von Selina Ulrich und Vivien Beyersdorfer