Die Blutgruppen

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Die Blutgruppen

Im letzten Jahrhundert erkannte man, dass eine Übertragung von Blut eines Menschen in die Blutbahn eines anderen (Transfusion) in ca. zwei Dritteln der Fälle tödlich endete, weil sich die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) zusammenballten. Die Aufklärung dieses Phänomens gelang dem Wiener Arzt KARL LANDSTEINER (1868-1943) im Jahr 1901. Der in Österreich geborene amerikanische Pathologe erhielt 1930 den Nobelpreis für Medizin.

LANDSTEINER trennte Erythrozyten und Serum aus den Blutproben verschiedener Personen und vermischte sie wechselseitig. Dabei stellte er teilweise Verklumpungen fest und konnte so vier verschiedene Blutgruppen A, B, AB und 0 (Null) nachweisen.

Die Blutgruppenbestimmung im AB0-System beruht auf einer Antigen-Antikörper-Reaktion. Antigene des AB0-Systems findet man an der Oberfläche der Erythrozyten und fast aller Körperzellen, ausgenommen der Zellen des Zentralnervensystems. Man konnte diese Antigene sogar im Gewebe ägyptischer Mumien nachweisen. Blutgruppe A enthält rote Blutkörperchen, die an ihrer Oberfläche Moleküle vom Typ A haben. Im Serum dieser Blutgruppe befinden sich außerdem Antikörper gegen die Moleküle vom Typ B, die auf der Oberfläche roter Blutkörperchen der Blutgruppe B sitzen. In Blutgruppe B wiederum sind entsprechend Antikörper gegen A enthalten. Das Serum der Blutgruppe AB weist keinen der beiden Antikörper auf, denn deren rote Blutkörperchen besitzen beide Moleküle, A und B. Die roten Blutkörperchen der Blutgruppe 0 haben weder A- noch B-Eigenschaften, es können aber Antikörper gegen beide Typen gebildet werden. Erhält ein Träger der Blutgruppe B eine Transfusion mit Blut der Gruppe A, greifen die Anti-A-Antikörper des Empfängers die übertragenen Blutkörperchen der Spenderblutgruppe A an und bewirken so eine Agglutination (Verklumpung) der unterschiedlichen Blutkörperchen. Da Blut der Gruppe 0 keine der beiden Oberflächeneigenschaften besitzt, kann es fast jedem Menschen übertragen werden. Man nennt es daher Universalspenderblut. Träger der Blutgruppe AB besitzen keine Serumantikörper und können daher Bluttransfusionen aller vier Blutgruppen empfangen, sie sind Universalempfänger.

Chemisch gesehen handelt es sich bei den Antigenen um Glucoprotein-Makromoleküle, die an der Erythrozytenoberfläche lokalisiert sind. Schon in den ersten Embryonalmonaten entstehen diese AB0-Antigene, so dass sich bereits bei Neugeborenen Blutgruppenbestimmungen durchführen lassen. Die Bildung der Antikörper im Serum stellt eine aktive Antwort auf fremde Antigene dar und ist als Abwehrreaktion aufzufassen. Diese Antikörper des Blutes sind Eiweißstoffe, die sich erst im 3. bis 6. Monat nach der Geburt entwickeln. Der Mensch erzeugt AB0-Blutgruppen-spezifische Iso-Antikörper (Isoagglutinine) gegen solche Blutgruppen, die er selbst nicht hat. So erzeugt ein Mensch der Blutgruppe A nur Antikörper AntiB, ein Mensch der Blutgruppe B nur Antikörper AntiA, usw. Neben den Antigenen des AB0-Systems befinden sich auf den Erythrozyten noch etwa 10 weitere solcher Antigensysteme, wie z.B. das Rhesus, MN, Lutheran, Kell oder Duffy-System. Von all diesen Systemen hat nur das AB0-System die Eigenschaft, dass es Antikörper gegen fehlende Allele ,,automatisch“ produziert. Deswegen konnte dieses System relativ leicht durch Mischen verschiedener Blutgruppen entdeckt werden.

Aus: Freies Arbeiten am Gymnasium, Band 3, Materialien mit Anregungen für die Durchführung im Fach Biologie, Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen, 1999

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