Beispielanalyse Szene I,1
Bei dem vorliegenden dramatischen Text handelt es sich um einen Ausschnitt aus G. E. Lessings bürgerlichem Trauerspiel Emilia Galotti. Der Szenenausschnitt aus dem 1. Auftritt des 1. Aufzug bildet den Beginn des Dramas und führt eine der Hauptfiguren, den Prinzen, in die Handlung ein.
Die vorliegende Szene lässt sich in drei Teile gliedern. Während der erste Teil sich mit den Amtsgeschäften und der Reaktion des Prinzen auf eine Bittschrift einer Emilia Bruneschi beschäftig, wird das Gespräch im zweiten Teil durch einen Brief auf die Gräfin Orsina gelenkt. Hier gibt der Prinz seine Gedanken über die Gräfin wieder. In diesen wird er vom Kammerdiener unterbrochen, der ihm den Maler Conti meldet. Der Prinz empfängt ihn, womit zur folgenden Szene übergeleitet wird. Die Regieanweisung zeigt, dass der Prinz zu Beginn der Szene mit Amtsgeschäften am frühen Morgen an seinem Schreibtisch beschäftigt ist. Dass er davon nicht angetan scheint, zeigen die Imperative und die Repetitio bzw. der Parallelismus ,,Klagen, nichts als Klagen! Bittschriften, nichts als Bittschriften! -- Die traurigen Geschäfte; und man beneidet uns doch!" (Z.3 f.) Offenbar wenden sich viele Menschen an den Adeligen und berichten ihm von ihren Sorgen bzw. bitten ihn um Hilfe. Auf der einen Seite wundert sich der Prinz darüber, dass die Menschen ihn deshalb beneiden (,,(...) und man beneidet uns doch!", Z.4), auf der anderen Seite ist er enttäuscht darüber, dass er nicht allen helfen kann, wie der Konjunktiv zeigt: ,,Wenn wir allen helfen könnten: dann wären wir zu beneiden." (Z. 4 f.) Im Folgenden kommt ihm eine Bittschrift einer Emilia Bruneschi in die Hände. Dieser erinnert ihn an Emilia Galotti. Offenbar bedeutet ihm diese etwas, denn aufgrund der Tatsache, dass sie Emilia heißt, gewährt er Emilia Bruneschi ihre Bitte: ,,Viel gefordert, sehr viel. -- Doch sie heißt Emilia. Gewährt!" (Z.7 ff.) Seine Bitte möchte er gleich an die Räte weitergeben und klingelt nach dem Kammerdiener. Da er sich nicht mehr auf seine Amtsgeschäfte konzentrieren kann (,,Ich war so ruhig, bild ich mir ein, so ruhig -- Auf einmal muß eine arme Bruneschi Emilia heißen: -- weg ist meine Ruhe, und alles! -", Z.14 f.), befiehlt er dem Kammerdiener nach dem Marchese Marinelli zu rufen. Hier zeigt sich erneut, dass er offensichtlich etwas für Emilia Galotti empfindet. Unterbrochen wird er durch das Eintreten seines Kammerdieners, der ihm einen Brief der Gräfin Orsina überreicht. Diesen legt der Prinz ungelesen zur Seite und teilt dem Kammerdiener mit, dass er ,,bei Bedarf" eine Antwort an die Gräfin schickt. Die Regieanweisung ,,Bitter, indem er den Brief in die Hand nimmt" (Z.24 f.) zeigt seine Einstellung zur Gräfin. Auch die Tatsache, dass er den Brief ungelesen wieder wegwirft (,,... und ihn wieder wegwirft", Z. 25) deutet darauf hin, dass er keine Sympathie für die Gräfin hegt, obgleich er sie offensichtlich zuvor geliebt hat: ,,Nun ja, ich habe sie zu lieben geglaubt! Was glaubt man nicht alles? Kann sein, ich habe sie auch wirklich geliebt. Aber -- ich habe!" (Z. 25 ff.) Der Nachtrag ,,Aber -- ich habe!" (Z.27) deutet darauf hin, dass er die Gräfin nun nicht mehr liebt. Im letzten Abschnitt tritt erneut der Kammerdiener herein und meldet dem Prinzen den Maler Conti. Dem Prinzen kommt der Maler gerade recht, um auf andere Gedanken zu kommen. Damit wird zur folgenden Szene übergeleitet.
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Einleitung (u.a. Textsorte, Autor, Thema; Einordnung des Ausschnittes in den Gesamtzusammenhang des Dramas soweit bekannt)
Charakterisierung des Gespräches / Verweis auf sprachliche Besonderheiten und deren Funktion
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