"Schulungslager für Schulungshelferinnen"

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Bildanalyse v. Daniel Greb: "Schulungslager für Schulungshelferinnen" (Nürtingen, 1943)

Bild:

Schulungslager.jpg


(Schema nach [1] und [2])


A) Beschreibung:

Schwarz-weiß-Foto; Teilabbildung eines Klassenzimmers;

Zwei junge Frauen stehen vor einer großen Schautafel mit der Überschrift „Bilder deutscher Rassen“, auf der in drei Reihen insgesamt neun Portraits verschiedener Männer und Frauen zu sehen sind, wobei die drei Reihen jeweils nicht entzifferbare Untertitel tragen (das Wort „Rasse“ ist jedoch jeweils erkennbar); diejenige, die sich weiter im Vordergrund befindet, blickt in Richtung der Schautafel und deutet mit einem Zeigestock auf eines der Portraits, die andere zeigt mit ihrer linken Hand auf dasselbe und schaut die vorn stehende Frau dabei an. Am rechten unteren Rand des Bildes ist eine Ahnentafel, am rechten oberen Rand ein kleiner Ausschnitt einer weiteren derartigen Schautafel erkennbar.
Die beiden Frauen stellen einen Typ dar: "die junge, fleißige, kundige junge Frau". Erscheinungsbild der beiden Frauen: "fröhliches" (s. leichtes Lächeln der Frau im Hintergrund), konzentriertes Verhalten; Wirkung: Vorbildfunktion der beiden Frauen für den Betrachter.
Durch die Gestik der beiden soll die Bedeutung des Portraits hervorgehoben werden, auf das sie beide zeigen. Kleidung: vordere: Rock und Bluse; hintere: Rock und Oberteil; gepflegtes, ordentliches Auftreten (passend zu Hitlers Vorstellung der "Deutschen Frau" & der Situation) Alle Gegenstände erscheinen wie neu, unverbraucht.


B) Einordnung in den historischen Kontext:
1) Herkunft / Urheberschaft:

  • Künstler unbekannt 
  • Auftraggeber nicht explizit genannt, jedoch Auftrag durch Hitler und das NS-Regime sehr wahrscheinlich  
  • Bei der Aufnahme des Bildes: keine Differenzen in der Intention von Künstler und Auftraggeber, da die beiden Frauen sich auf dem Bild, wie eben vom Auftraggeber gewünscht, mit der „Rassenkunde“ beschäftigen und daran Interesse zeigen
  • Entstanden in Nürtingen, 1943. Verstärkte Verluste im Deutschen Heer und die drohende militärische Niederlage im 2. Weltkrieg geben propagandistischen Anlass für das Bild (siehe unten).

2) Gesellschaftliche Situation, in die Künstler bzw. Auftraggeber eingebunden waren:

  • soziales Beziehungsgefüge?  Nicht ermittelbar, da der Fotograph höchst wahrscheinlich vom NS-Regime zu seiner Arbeit gezwungen wurde (möglicherweise hat er zusätzlich aus eigener Überzeugung heraus gearbeitet)
  • politisches Umfeld? Die deutsche NS-Diktatur unter Hitler
  • Lebensumstände? Höchst wahrscheinlich konnte der Fotograph nicht frei seiner Arbeit nachgehen und wurde zur Aufnahme des Bildes zu Propagandazwecken gezwungen
  • Anlass zur Schaffung des Bildes? Aus Sicht des „Auftraggebers“:

Möglicherweise die Absicht, die Rassenpolitik Hitlers, gerade gegen Kriegsende (1943) und im Angesicht der damals drohenden militärischen Niederlage, in Form von Propaganda zu unterstützen und auch diesbezüglich Durchhaltevermögen anzupreisen (neben dem „militärischen“ Durchhaltevermögen!). Dem Auftraggeber war sicherlich bewusst, dass eine militärische Niederlage auch eine des Regimes und damit einen Bedeutungsverlust der gesamten NS-Ideologie (u.a. der Rassenideologie) nach sich ziehen würde.

  • Warum genau dann und dort?  1943: „Durchhaltepropaganda“ gegen Kriegsende (s. „Anlass“); Nürtingen: im Sinne Hitlers engagierte und offensive NSDAP-Kreisleitung setzt Rassenpolitik Hitlers propagandistisch um (s. Nürtingen (bei Wikipedia.de))

3) Bild als Kommunikationsmittel:

  • Mitteilungsabsicht? „Rassenkunde ist für Deutsche allen Alters und beider Geschlechter wichtig; ein Deutscher muss sich von einem Juden oder anderem Gesindel unterscheiden können“; indirekt soll sicherlich die „Ausrottung“ anderer Rassen befürwortet werden
  • Wer ist die Zielgruppe? Deutsche allen Alters und beider Geschlechter: es soll die Bedeutung der „Kenntnisse“ für Frauen verdeutlicht werden; Schüler sollen sich weiterhin für „Rassenkunde“ interessieren und dementsprechend handeln; Lehrer sollen nach dem nationalsozialistischen „Rasseideal“ lehren
  • Funktionen des Bildes (didaktische, soziale und propagandistische)? 

Didaktisch, sozial: Diskriminierung anderer „Rassen“ und deren Ausrottung soll gefördert werden (durch das Bild wird die Mitteilung propagandistisch „weitergegeben“)

  • War das Bild repräsentativ für seine Zeit? „Rassenkunde“ wurde in der Schule zu dieser Zeit (1943) flächendeckend gelehrt, insofern ist es repräsentativ; da jedoch scheinbar 1943 nicht mehr die gesamte Bevölkerung hinter der Rassenideologie Hitlers stand, ist die Begeisterung der beiden jungen Frauen möglicherweise vorgetäuscht, das Bild dann also nicht repräsentativ (bei voller und „garantierter“ Unterstützung durch die „Massen“ hätte das Bild nicht in Auftrag gegeben werden müssen!)

4) Wirkungsgeschichtlicher Kontext:

  • Wer konnte das Bild sehen?  Höchstwahrscheinlich ein großer Teil der Öffentlichkeit, sicherlich die genannten Zielgruppen (s.o.)
  • Verbreitung? Wahrscheinlich im ganzen Deutschen Reich
  • Erwartungen und Vorkenntnisse des Bildbetrachters zur damaligen Zeit? „Rassenkunde“ wird in Deutschland zu dieser Zeit (1943) flächendeckend gelehrt, deshalb ist sie als Konzept bekannt und stellt für den Bildbetrachter nichts Neues dar; das Bild soll nur ihre „Bedeutung“ unterstreichen und ein dementsprechendes Verhalten (Diskriminierung, „Ausrottung“) seitens der Zielgruppen moralisch akzeptabel machen und in der Ausführung fördern.
  • spätere Wirkung, Interpretation? Aus heutiger Sicht (auch schon aus der nach dem 2.Weltkrieg) erkennt man in dem Bild ein eindeutiges Objekt nationalsozialistischer Propaganda zur Förderung der NS-Rassenideologie.


C) Eigentliche Interpretation:
Wichtig zur weiteren Durchsetzung der Rassenpolitik Hitlers, deren Befürwortung in der Bevölkerung (wie auch die anderer Ideologieelemente des Nationalsozialismus) zum Ende des Zweiten Weltkrieges hin aufgrund des geringeren militärischen Erfolges und der bereits drohenden Kriegsniederlage Deutschlands geringer geworden war.