Hexenverfolgung in der Neuzeit
Inhaltsverzeichnis |
Eine kurze Einführung
Spitzer Hut und fliegender Besen - so oder so ähnlich stellen sich die meisten Menschen eine Hexe vor. Das typische Hexenbild zeigt eine alte, bucklige Frau mit einer Warze auf der Nase, einem spitzen Hut auf dem Kopf. In unserer Vorstellung kann sie auf einem Besen fliegen und Menschen mit einem Fluch belegen. In der Frühen Neuzeit hingegen hatte man ein völlig anderes Bild von einer Hexe. Menschen, die durch ihr Verhalten oder Aussehen auffielen oder sich besonders gut mit Heilkräutern auskannten, wurden als Hexen bezeichnet. Man sagte ihnen nach, sie hätten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und können diese dunklen Kräfte nutzen. Hexen wurden in Deutschland im Früh- und Hochmittelalter noch nicht verfolgt, erst ab der frühen Neuzeit. Gründe hierfür waren zum einen der Aberglaube der Menschen, aber auch die Kirche spielte während der Zeit der Ketzerverfolgung eine wichtige Rolle.
70.000 Menschen mussten während der Phase der Inquisition sterben, davon über die Hälfte in Deutschland. Dabei wurden die Menschen nicht willkürlich getötet, sondern man ging nach einem ganz bestimmten Schema vor. Anfangs betitelte die Kirche Menschen, die ihrer Meinung nach in einem „Pakt mit dem Teufel standen" als Hexen. Später führten auch Neid untereinander und die Angst vor der eigenen Verfolgung zu massenhaften Anzeigen von Hexen. Dabei lief jede Verfolgung im Grunde gleich ab: zuerst wurden die Menschen verhaftet, danach mussten sie sich einem Verhör unterziehen , wurden gefoltert und schließlich in einem Schauprozess grausam hingerichtet. Man darf aber nicht glauben, dass lediglich Frauen der Hexerei beschuldigt wurden. Fast 20 % der Ermordeten sind Männer und Kinder gewesen. [1] Vor allem Hebammen waren ein typisches Opfer der Inquisition, da sie schon damals über viel Wissen im Bereich der Verhütung und Abtreibung verfügten. Dadurch wurden sie nicht nur zu Feinden der Kirche, sondern auch zu Konkurrenten der damaligen Ärzte. Auch Menschen mit heilkundlichem Wissen, die dieses Wissen nicht aufgeschrieben haben, waren perfekte Opfer der Hexenverfolgung, da die Menschen zu dieser Zeit ein solches Wissen für teuflisch eingeflößt hielten. Frauen wie diese suchte man speziell auf, um sie zu ihrer Beziehung zum Teufel zu befragen. Wenn eine solche "Hexe" dann verurteilt und ermordet wurde wanderte ihr Besitz in den Besitz des Henkers oder des Richters über. Vor allem aber waren es die Ankläger, die bei einem solchen Prozess das hinterlassene Vermögen erhielten. Ein Beispiel hierfür wäre das Fürstentum Liechtenstein, das durch Hexenverbrennungen entstand. Die Grafen von Hohenems hatten alle Besitztümer verbrannter Hexen eingenommen. Diese wurden später von Kaiser Leopold I. gezwungen, die konfiszierten Besitztümer zurückzugeben. Diese Rückgabe trieb die Grafen in den Bankrott, wodurch sie ihren Besitz an die Fürsten von Liechtensstein verkaufen mussten. [2] Diese erschlichenen Einnahmequellen waren gesetzlich jedoch nicht erlaubt.
Der Umgang mit vermeitlichen Hexen und die Vorgehensweise gegen sie war im Hexenhammer festgeschrieben. Er war die Richtlinie für Verhöre und Urteile. Dieses Werk beinhaltet aber auch im höchsten Maße Hetze gegen Frauen. Heirat wird als "ein notwendiges Übel" [3] gesehen. Sie seien laut des Hexenhammers von Natur aus schlecht, sie würden dem Teufel schneller verfallen. Frauen zählen zu dieser Zeit als leichtgläubig und durch Flüssigkeiten (Viersaftlehre) leichter beeinflussbar.
Der Hexenhammer von 1486 diente als Grundlage für Verhöre und Urteile. Die folgenden Auszüge verweisen auf die besondere "Neigung" der Frauen zur Hexe. Bezüglich des ersten Punktes, warum in dem so gebrechlichen Geschlechte der Weiber eine größere Menge Hexen sich findet, als unter den Männern, frommt es nicht, Argumente für das Gegenteil herzuleiten, da außer den Zeugnissen der Schriften und glaubwürdiger- (Männer) die Erfahrung selbst solches glaubwürdig macht. Wir wollen, ohne das Geschlecht zu verachten, in welchem Gott stets Großes schuf, um Starkes zu verwirren, davon sprechen, daß hierüber von Verschiedenen auch verschiedene, doch in der Hauptsache übereinstimmende Gründe angegeben werden, daher ist auch zur Ermahnung der Weiber dieser Stoff selbst wohl zu Predigten geeignet; und sie sind begierig zu hören, wie die Erfahrung oft gelehrt, wenn man solches nur diskret vorbringt. Einige Gelehrte nämlich geben d i e s e n Grund an: Sie sagen, es gebe dreierlei in der Welt, was im Guten und Bösen kein Maß zu halten weiß: d i e Z u n g e , der G e i s t l i c h e und das W e i b , die vielmehr, wenn sie die Grenzen ihrer Beschaffenheit überschreiten, dann eine Art Gipfel und höchsten Grad im Guten und Bösen einnehmen; im Guten, wenn sie von einem guten Geiste geleitet werden, daher auch die besten (Werke) stammen; im Bösen aber, wenn sie von einem schlechten Geiste geleitet werden, wodurch auch die schlechtesten Dinge vollbracht werden. (...) Von der Bosheit aber der Weitjer wird gesprochen Prediger 25: „Es ist kein schlimmeres Haupt über dem Zorne des Weibes. Mit einem Löwen oder Drachen zusammen zu sein wird nicht mehr frommen, als zu wohnen bei einem nichtsnutzigen Weibe." Und neben mehreren, was ebendort über das nichtsnutzige Weib vorangeht und folgt, heißt es zum Schlüsse: „Klein ist jede Bosheit gegen die Bosheit des Weibes." Daher (sagt) C h r y s o s t o m u s über Matth. 19: „Es frommt nicht, zu heiraten." Was ist das Weib anders, als die Feindin der Freundschaft, eine unentrinnbare Strafe, ein notwendiges Uebel, eine natürliche Versuchung, ein wünschenswertes Unglück, eine häusliche Gefahr, ein ergötzlicher Schade, ein Mangel der Natur, mit schöner Farbe gemalt? Wenn sie entlassen Sünde ist, wenn man sie einmal behalten muß, dann ist notwendig Qual zu erwarten, darum, daß wir, entweder sie entlassend, Ehebruch treiben, oder aber tägliche Kämpfe haben." T u l l i u s endlich sagt Rhetor. 2: „Die Männer treiben zu ejnem jeden Schandwerke einzelne, d. h. mehrere Ursachen an, die Weiber zu allen Schandwerken nur eine Begierde: denn aller Weiberlaster Grund ist die Habsucht;" und Seneca sagt in seinen Tragödien: „Endweder liebt oder haßt das Weib; es gibt kein Drittes. Daß ein Weib weint, ist trügerisch. Zwei Arten von Tränen sind in den Augen der Weiber, die einen für wahren Schmerz, die anderen für Hinterlist; sinnt das Weib allein, dann sinnt es Böses." (Quelle: Jakob Sprenger/Heinrich Institoris,Der Hexenhammer, Berlin 1923, S.68 f.)
|
Ursula Haider, eine Hexe aus dem 16. Jahrhundert
Ursula Haider lebte im 16. Jahrhundert in Nördlingen, einer freien Reichsstadt, und wurde in ihrem letzten Lebensabschnitt als Hexe bezeichnet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wie soll man sich das aus heutiger Sicht vorstellen? Das junge Mädchen hatte keinerlei Geschwister und verlor sehr früh ihre Eltern, zudem war sie schwer krank. Vermutlicherweise litt sie an einem Hirntumor, der leichte Lähmungen hervorrief und ihr Sprach- und Gehörzentrum beeinträchtigte. Sie war in dem Glauben, vom Teufel besessen zu sein. ‚Er sei als Bauernknecht zu ihr gekommen, habe sie verführt und riet ihr, sich selbst um zu bringen, denn dann gehöre ihre Seele ihm‘, so äußerte sich Ursula Haider damals. Sie teilte ihre Vorstellungen mit ihren Mitbürgen, die sie daraufhin verspotteten und ihr „allerlei Schandtaten“ anhingen – z.B. das Fliegen auf einem Besen. Nach Quellenaussagen machte es sie glücklich, dass sie im Mittelpunkt jeder Unterhaltung stand und die Leute über sie redeten. Doch deshalb fing sie an, mehr und mehr daran zu glauben, dass sie ein böser Mensch sei. Im Herbst 1589 half Ursula Haider in der Familie des Messerschmieds Martin Hindenach aus und kümmerte sich dort um die drei an Pocken erkrankten Kinder. Alle Kinder erlagen schnell ihrer Krankheit. Als das zweite gestorben war, wurde es in sein Grabtuch genäht und Ursula musste mehrmals dazu aufgefordert werden, das tote Kind hochzunehmen und es auf die Bahre zu legen. Während sie das Kind auf dem Arm hatte, fing es an, am Kopf zu bluten. Dies erschütterte die Anwesenden zutiefst, da man früher glaubte, dass ein Opfer anfangen würde zu bluten, wenn der Mörder ihm zu nahe käme. Die Eltern schenkten diesem Vorfall keine besondere Beachtung, doch Ursula schien der Verdacht des Kindsmordes gerechtfertigt und so vertraute sie sich einer Nachbarin an, die - anders als ein Priester - nicht an ein Beichtgeheimnis gebunden war. Schon bald wurde der Verdacht vor dem Stadtrat bekannt gegeben und die Frau wurde festgenommen. Dort leugnete Ursula Haider anfangs all ihre bereits zugegebenen Taten. Doch bereits kurze Zeit danach fing sie auf ein Neues an, von ihrer Beziehung mit dem Teufel zu erzählen. Später erfuhr man, dass sie dies nur tat, um die Aufmerksamkeit des Stadtrates zu bekommen. Unter Androhung der Folter gestand sie alles bereitwillig, was ihr vorgeworfen wurde: Das Liebesverhältnis mit dem Teufel, Mord und Zauberei. Erst im Dezember erfuhren die Ratsherren die Namen ihrer angeblichen Mittäterinnen, die sie vorgab, erkannt zu haben; unter ihnen auch Margaretha Getzler. Schließlich wurde sie am 15. Mai 1590 zusammen mit Margaretha und einigen anderen von ihr bezichtigten Frauen verbrannt.
Hexenverfolgung im Landkreis Haßberge
Die Hexenprozesse in Zeil
In der Zeit zwischen 1616 und 1631 gab es in der Stadt Zeil am Main 300 dokumentierte Hexenexekutionen. Es gab keine Familie, die verschont blieb. Die noch vorhandenen Gerichtsunterlagen in Bamberg und Würzburg lassen erkennen, dass sich die Prozesse sehr brutal abgespielt haben. Mit Hilfe brutaler Foltermethoden, die benutzt wurden, sollten die Angeklagten dazu gebracht werden, sich die Schuld selbst einzureden und die falsche Anklage zu gestehen. Dies wurde öfters wiederholt, um das Geständnis zu bekräftigen. Ziel dieser Prozesse war es, „Gottes Ehre gegen die satanische Macht zu verteidigen“.[4]
Kriterien, nach denen die Hexen/Hexer z. B. beurteilt wurden, waren:
- Die Teilnahme an der schwarzen Taufe,
- der Besitz eines Talers als Patengeschenk oder
- die Teilnahme an Hexentänzen und Hexenmahlzeiten.
Geführt wurden die Prozesse von[5]:
- Einem Hexenrichter:
- Dr. Vasold
- Dr.Schwartzkontz
- Dr. Herrnberger
- Richter und Schöffen
Bestätigt wurde das Urteil durch die Fürstlichkeit.
Der Fall des Bürgermeisters Hans Langhans
Hans Langhans wurde am 4.September 1593 in Zeil geboren. Er überlebte die Pestepedemie in Zeil 1611 und heiratete im gleichen Jahr am 22.November Ottilia Schneiderin. 1612 wurde sein erstes Kind geboren, welches aber eineinhalb Jahre später verstarb. Kurz darauf 1614, kam seine zweite Tochter, 1616 sein erster Sohn, 1620 seine zweite Tochter, 1622 die Dritte und 1626 der zweite Sohn zur Welt.
Am 21. Juni 1616 (Johannistag) datierte Langhans den Beginn der Hexenverfolgungen und die erste Hexenverbrennung in Zeil von Elisabetha Bucklin. Am 26. November gleichen Jahres notierte er neun weitere Verbrennungen von ihm unbekannten Frauen, woraus folgt, dass diese nicht aus Zeil kamen.
Vom Jahre 1617 an beginnt Langhans die Brände zu zählen und zu dokumentieren. Am 18. Dezember 1617 kam es zu einem 9. Brand. Zur Jahreswende 1618 auf 1619 kam es zur Erscheinung eines Kometen. Die Bürger dachten, dasss wäre ein gutes Zeichen Gottes. So ließ die Hexenverfolgung in der Folgezeit nach. 1619 wurde die Hexenverfolgung eingestellt, da damals der 30-jährige Krieg ausbrach. Im September 1619 datiert Hans Langhans die Firmung von 200 Menschen, unter denen sich auch fünf Söhne von Langhans befanden. Am 4. August 1622 wurde Langhans zum Verwaltungsvorsitzenden des Propstei- und Mönchshofs in Zeil, am 5. September 1622 wurde er zum Rats- und Gerichtsherrn. Im Juli 1623 bekam die Stadt Besuch vom Hochwürdigen Fürst Johann Georg. Drei Jahre darauf kam es zu einem großen Nahrungsengpass. Aufgrund von Ernteausfällen kam es 1626 in der Region zu einer schweren Hungersnot. Als Schuldige galten Zauberer und Unholden, die daraufhin gejagt und bestraft wurden. Nach und nach wurden nicht nur normale Bürger, sondern auch Stadtoberhäupter der Hexerei beschuldigt, u. a. Herr Konrad Oerter und Herr Konrad Merklein (beide Ratsherren). Es folgte eine große Verhaftungswelle, bei der folgende Zeiler Bürger verhaftet wurden:
- Paulus Rügheimer u. Endres Schmidt(10 u. 7 Jahre)
- Endres Hitzinger (Burger und Pfeifer)
- Klara Riglin (entlaufen, aber eingefangen, beging Selbstmord im Gefängnis)
- Martha Eydelclausin
- Hansen Schmitten
und viele mehr...
Am 15.Oktober 1626 wurden die ersten fünf Personen der zweiten Hexenverfolgung verbrannt, am 10.November folgten vier Malefizpersonen (darunter Oerter und Merklein). Auch Jakob Langhans, der Onkel von Bürgermeister Hans Langhans, wurde am 22.November gefangen genommen. Hans Langhans verschwieg bis zuletzt die Verwandschaft Jakob Langhans. Bis Weihnachten 1626 waren bereits 35 Personen verhaftet/verbrannt worden. Nach neun weiteren Verhaftungen wurde Hans Langhans am 19.Februar 1628 festgenommen und am 26.Februar gestand der 35-jährige das erste Mal nach Daumenstock und Beinschrauben, ein Hexer zu sein. Am 28.Februar wiederholte er sein Geständnis. Kurz darauf wird der Bürgermeister auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Nach seiner Verhaftung wächst die Zahl der Verhaftungen in Zeil lawinenartig. Es wird von 161 Verhören und Hinrichtungen im Amt Zeil gesprochen. Entgültig endeten die Hexenverbrennung in Zeil erst am 17.September 1631, als die Schweden „an den Toren der Stadt Zeil klopften“. [6]
- Informationsmaterial
Bildersammlung Hexenverfolgung
- Primärquellen
- Chronik der Stadt Zeil am Main
- Chronik der Stadt Haßfurt
- Hexenverfolgungen in der Bamberger Domstadt
- Hexenverfolgung Bamberg Interview
- Hexenverfolgung Bamberg Artikel
- Hexenverbrennung in Franken
- Zeiler Hexenturm
Referenzfehler: Es sind <ref>
-Tags vorhanden, jedoch wurde kein <references />
-Tag gefunden.