Übungsaufsatz I

Aus RMG-Wiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Das ist eine Sammlung von wichtigen Stiltipps für das ganze Leben - konkret gewonnen aus verschiedenen Übungsaufsätzen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Stilhinweise

Satzlänge begrenzen

Natürlich klingt es nicht besonders gut, immer nur Hauptsätze aneinanderzureihen. Das Gegenteil klingt aber ebensowenig gut; und je länger ein Satz ist, desto größer ist die Gefahr, sich im Satzbau zu verlaufen.

Textbeispiel Überarbeitungsmöglichkeit
In der Szene "Straße" ist ganz klar zu beobachten, wie Faust auf den Trank, welchen ihm in der vorangehenden Szene von Mephisto, also Satan, verabreicht wurde, reagiert und wie Faust nach der Begegnung mit Gretchen, welche diverse Begehrlichkeiten in ihm weckt, nun stur und gedankenlos Mephisto gegenüber agiert. In der Szene "Straße" ist ganz klar zu beobachten, wie Faust auf den Trank reagiert, den ihn in der vorangehenden Szene Mephisto, also Satan, verabreicht hat. Nach der Begegnung mit Gretchen, die diverse Begehrlichkeiten in ihm weckt, agiert Faust gegenüber Mephisto nun stur und gedankenlos.
Satzlänge: ca. 50 Wörter; zum Vergleich: durchschnittliche Satzlänge in der Bild-Zeitung etwa 10-15 Wörter, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung etwa 20-30 Wörter. Satzlänge: nicht wirklich kurz, aber erträglich - es sind auch noch kürzere Sätze möglich!


Stiltipps bei Nebensätzen

Nebensätze sind deswegen heikel, weil sie - siehe oben - zur Komplexität eines Satzes beitragen. Während ein gewisser Grad an Nebensätzen in Ordnung ist, sind zu viele Nebensätze für das Verständnis problematisch. Bei folgenden Einleitewörtern sollten die Alarmglocken klingeln:

Einleitewort und Beispiel Gefahr und Tipp
wenn ... Wenn-Sätze zeigen eine Bedingung und werden oft an ungünstigen Stellen in den Satz geschoben. Bitte vermeidet das und macht besser mehrere Sätze oder stellt den Wenn-Nebensatz an den Anfang des Satzes.
was - Das geht am Ende nicht mehr auf das Konto Mephistos, weil sich Faust schon längst in Gretchen verliebt hat, was nicht zu erwarten war. Mit einem sog. "relativen Was" werden weiterführende Nebensätze eingeleitet. Sie heißen so, weil ihr Thema weiterführend ist. Deswegen ist euer Text klarer strukturiert, wenn ihr dieses neue/weiterführende Thema in einen neuen Satz packt: Das geht am Ende nicht mehr auf das Konto Mephistos, weil sich Faust schon längst in Gretchen verliebt hat. Das war nicht zu erwarten.
welcher, welche, welches Viele Schüler denken, das Relativpronomen "welcher, welche, welches" klinge besonders elegant oder wissenschaftlich. Wissenschaftler bestreiten das: "welcher, welche, welches" klingt besonders gestelzt, kantig und unschön. Bitte verwendet "der, die, das" - und zwar nach Möglichkeit immer im Leben!


Schachteln bei "dass-" und "wenn-"Sätzen

Gerade Nebensätze, die mit dass und wenn eingeleitet werden, stehen in der Gefahr, komplizierte Schachtelsätze hervorzurufen. Diese sind aber ein No-Go! Sie resultieren daraus, dass der Schreiber formuliert, wie er gerade denkt. Zwischen dem Denkprozess und dem Formulierungsprozess sollte aber noch ein weiterer Prozess stehen: Der Prozess der Umwandlung der Gedanken in Schriftsprache. Dabei müssen die Autorinnen und Autoren insbesondere auf Nebensätze, die mit dass und wenn eingeleitet werden, achten.

Beispiele Erläuterung Tipp
Ein Aspekt, der gegen die Wahl des Kandidaten zum Bürgermeister spricht, ist, dass er im vergangenen Jahr Geld von der lokalen Bank für die Feier seines Geburtstags erhalten hat. Der Satz beginnt mit "Ein Aspekt". Auf das Prädikat muss der Leser aber warten, bis er den eingeschobenen Nebensatz gelesen hat. Dann bekommt er das Prädikat mitgeteilt, das zudem noch alleine steht. Bereits direkt nach dem Prädikat beginnt ein neuer Nebensatz. Das Prädikat des Hauptsatzes ("ist") steht alleine zwischen zwei Kommas. Eine Entschachtelung ist mit etwas Überlegung einfach herzustellen. Dass der Kandidat im vergangenen Jahr Geld von der lokalen Bank für die Feier seines Geburtstags erhalten hat, spricht gegen die Wahl des Kandidaten zum Bürgermeister.
Eine unmittelbare Folge ist, dass Schüler, wenn diese nicht aufmerksam im Unterricht sind, schlechtere Noten schreiben. Hier haben wir zwei ineinander verschachtelte Nebensätze. Diese Gefahr ist vor allem bei konditionalen (eine Bedingung beinhaltenden) wenn-Nebensätzen vorhanden. Hier gilt: Ein wenn-Satz soll nach Möglichkeit nicht in einen anderen Satz eingebettet werden! Auch hier gibt es die Möglichkeit (1, vgl. oben), den dass-Satz nach vorne zu stellen, oder (2) aus dem Satz zwei Sätze zu machen. (1) Dass Schüler schlechtere Noten schreiben, wenn diese nicht aufmerksam im Unterricht sind, ist eine unmittelbare Folge davon. -- (2) Wenn Schüler im Unterricht nicht aufmerksam sind, schreiben sie schlechtere Noten. Das ist eine unmittelbare Folge davon.


Vor allem für die Interpretation gültige Hinweise

Nicht zu wenig und nicht zu viel zitieren

Erfreulich ist, dass in sehr vielen Übungsaufsätzen richtig und gut zitiert wurde - das Training hat sich also gelohnt. Wichtig ist aber dennoch Folgendes:

  • Bitte zitiert nicht zu viel, sondern an entscheidenden Stellen. Wenn man viel zitiert, läuft man außerdem Gefahr, eine Inhaltsangabe zu schreiben (s.u.)
  • Bindet die Zitate unbedingt in den Satz ein (wie auf dem Übungsblatt gezeigt). Jedes Zitat muss syntaktisch in den Satz passen.
  • Werden Zitate als Apposition mitgeliefert, müssen sie kurz sein (Richtwert: maximal 5-6 Wörter).


Interpretation wagen (statt reiner Inhaltsangabe)

Das in der Aufgabenstellung verwendete Prädikat lautet immer "erschließen und interpretieren". Das bedeutet, dass hier mehr geschehen muss als eine Inhaltswiedergabe. Das ist zugleich die große Herausforderung. Folgende Schritte helfen dabei:

  • Achtet darauf, dass die Interpretationsthese eine wirkliche Interpretation beinhaltet und nicht nur den Inhalt zusammenfasst. Wir üben das am Beispiel des "Prologs im Himmel".
  • Die einzelnen Beobachtungen, die ihr bei der Erschließung des Ausschnitts macht, sollen bereits einen Bezug zu dieser Interpretationsthese herstellen. Bsp.: I-These "In der Szene zeigt sich, dass Faust alle Rationalität hinter sein Begehren (bzgl. Gretchen) zurückstellt" - Beobachtung: Imperative ggü. Mephisto - Bezug: Imperative zeigen, dass Faust wild entschlossen ist, Gretchen zu bekommen. Er bittet Mephisto nicht nur, sondern erteilt ihm Aufträge.


Kleinigkeiten, die aber wichtig sind

Beispieltext/Beobachtung Erläuterung zur Verbesserung
"Faust schwärmt von den negativen Eigenschaften Gretchens" (gemeint ist hier die 'Schnippigkeit' gegenüber Faust) Es klingt seltsam, wenn jemand von "negativen" Eigenschaften schärmt... - Eine Interpretation sollte immer vor allem das Auffällige, "Unnormale" beschreiben. Das wäre hier naheliegend. Denn auffällig ist ja gerade, dass sich Faust von der Abweisung Gretchens nicht abschrecken lässt. Im Gegenteil: Er schwärmt sogar von den Eigenschaften, die zu dieser Abweisung führen. Das müsste man an dieser Stelle herausarbeiten. Die Aussage "von negativen Eigenschaften schwärmen" ist viel zu knapp und erklärt die Gegebenheit nicht richtig.
"Im Folgenden soll diese Szene erschlossen und interpretiert werden." Das überrascht mich. :-) Trotzdem könnt ihr diesen Satz getrost weglassen.
"Faust will, dass Mephisto ihm Gretchen verschafft." Hier ist problematisch, dass der Autor/die Autorin die Wortwahl "verschaffen" aus dem Text übernommen hat. Dieses Wort ist heute zudem nicht mehr geläufig. Wichtig ist, dass man die Sprache im analysierten Werk (u.U. altmodisch) und unsere aktuelle Beschreibungssprache auseinanderhält. Bitte achtet also darauf, keine Archaismen (!) aus den analysierten Texten zu verwenden. Grundsätzlich gilt es immer als schick, möglichst viel in eigene Worte umzuformulieren. Damit zeigt man, dass man den Text verstanden hat.
"der Autor beschreibt, wie Mephisto auf ... reagiert" Seid vorsichtig mit dem Begriff des "Autors" - wir müssen uns bemühen, unsere Sprache möglichst präzise zu machen. Im Drama beschreibt der Autor streng genommen nie etwas, denn immer beschreiben sich die Figuren durch ihre Rede selbst!


Vor allem für die Argumentation gültige Hinweise

Argumentative Struktur verdeutlichen

Wie geht das?

Schritt Hinweis Beispiel: Ist ein verpflichtendes Deutsch-Abitur wirklich nötig?
1 In Einleitung deutlich machen, was du erörterst. Stelle in der Einleitung klar das Thema und die Erörterungsfrage vor - es geht eigentlich um eine Definition des Themas. Zum Beispiel im Übungsaufsatz über ein Handyverbot - hier sollte klar deutlich werden, worüber du schreibst: Über das bestehende Handyverbot (das dann auch vorgestellt werden sollte in seinen Einzelheiten) oder ein totales Handyverbot, das z.B. die Abgabe des Mobiltelefons am Schuleingang bedeutet würde.
2 These deutlich formulieren: Aussagesatz mit Bezug zur Position Es muss deutlich erkennbar sein, ob sich ein Argumentationsgang für oder gegen etwas ausspricht. Die These selbst muss ein Aussagesatz sein (der in Bezug zu einer Position - z.B. "ja/nein" steht), der dann logisch erläutert wird. Bsp.: Es ist sinnvoll, dass ein Deutsch-Aufsatz im Abitur für alle Schüler verpflichtend ist (= klare Position). Dem Fach Deutsch kommt eine besondere Rolle unter den Schulfächern zu. (= These)
3 Argument zur These finden: Oberbegriffe verwenden Das Argument zur These muss möglichst allgemeingültig sein. Es darf noch keine konkreten Begriffe (-> Beispiele) enthalten, sondern sollte Oberbegriffe verwenden (vgl. das Enz'sche Sanduhr-Modell aus dem Unterricht) Es steht die Sprache im Mittelpunkt, in der wir uns im täglichen Leben ständig verständigen müssen.
4 Stützung der Argumente durch konkrete Beispiele (Subargumente): Erläuterung des Argumentationszusammenhangs Position-These-Argument Wichtig: Bitte keine Mittelstufen-Beispiele mehr (wie "meine Schwester z.B.); solltest du Studien oder Fachleute zitieren (das ist grundsätzlich empfehlenswert), dann müssen diese Informationen korrekt sein. Häufig helfen Materialien und Texte, die in der Aufgabenstellung mitgeliefert werden. Das gilt dabei nicht nur für den Bereich der Familie und Freunde, sondern vor allem auch für den Beruf: In nahezu allen Berufen, die Abiturienten ergreifen wollen, spielt die Ausdrucksfähigkeit eine Rolle. Das gilt in besonderem Maße für Berufe, die sich direkt mit Sprache auseinandersetzen, wie der des Journalisten. Aber auch Sachbearbeiter, die hin und wieder E-Mails oder Briefe schreiben, sind auf gute sprachliche Fähigkeiten angewiesen. [weitere Erläuterung möglich]

}