Übungsaufsatz I

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Bei der Durchsicht der Übungsaufsätze im Hinblick auf die erste Klausur habe ich einige "Gefahren" festgestellt. Ihr könnt ihnen begegnen, indem ihr folgende Tipps berücksichtigt:


Inhaltsverzeichnis

Satzlänge begrenzen

Natürlich klingt es nicht besonders gut, immer nur Hauptsätze aneinanderzureihen. Das Gegenteil klingt aber ebensowenig gut; und je länger ein Satz ist, desto größer ist die Gefahr, sich im Satzbau zu verlaufen.

Textbeispiel Überarbeitungsmöglichkeit
In der Szene "Straße" ist ganz klar zu beobachten, wie Faust auf den Trank, welchen ihm in der vorangehenden Szene von Mephisto, also Satan, verabreicht wurde, reagiert und wie Faust nach der Begegnung mit Gretchen, welche diverse Begehrlichkeiten in ihm weckt, nun stur und gedankenlos Mephisto gegenüber agiert. In der Szene "Straße" ist ganz klar zu beobachten, wie Faust auf den Trank reagiert, den ihn in der vorangehenden Szene Mephisto, also Satan, verabreicht hat. Nach der Begegnung mit Gretchen, die diverse Begehrlichkeiten in ihm weckt, agiert Faust gegenüber Mephisto nun stur und gedankenlos.
Satzlänge: ca. 50 Wörter; zum Vergleich: durchschnittliche Satzlänge in der Bild-Zeitung etwa 10-15 Wörter, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung etwa 20-30 Wörter. Satzlänge: nicht wirklich kurz, aber erträglich - es sind auch noch kürzere Sätze möglich!


Nicht zu wenig und nicht zu viel zitieren

Erfreulich ist, dass in sehr vielen Übungsaufsätzen richtig und gut zitiert wurde - das Training hat sich also gelohnt. Wichtig ist aber dennoch Folgendes:

  • Bitte zitiert nicht zu viel, sondern an entscheidenden Stellen. Wenn man viel zitiert, läuft man außerdem Gefahr, eine Inhaltsangabe zu schreiben (s.u.)
  • Bindet die Zitate unbedingt in den Satz ein (wie auf dem Übungsblatt gezeigt). Jedes Zitat muss syntaktisch in den Satz passen.
  • Werden Zitate als Apposition mitgeliefert, müssen sie kurz sein (Richtwert: maximal 5-6 Wörter).


Interpretation wagen (statt reiner Inhaltsangabe)

Das in der Aufgabenstellung verwendete Prädikat lautet immer "erschließen und interpretieren". Das bedeutet, dass hier mehr geschehen muss als eine Inhaltswiedergabe. Das ist zugleich die große Herausforderung. Folgende Schritte helfen dabei:

  • Achtet darauf, dass die Interpretationsthese eine wirkliche Interpretation beinhaltet und nicht nur den Inhalt zusammenfasst. Wir üben das am Beispiel des "Prologs im Himmel".
  • Die einzelnen Beobachtungen, die ihr bei der Erschließung des Ausschnitts macht, sollen bereits einen Bezug zu dieser Interpretationsthese herstellen. Bsp.: I-These "In der Szene zeigt sich, dass Faust alle Rationalität hinter sein Begehren (bzgl. Gretchen) zurückstellt" - Beobachtung: Imperative ggü. Mephisto - Bezug: Imperative zeigen, dass Faust wild entschlossen ist, Gretchen zu bekommen. Er bittet Mephisto nicht nur, sondern erteilt ihm Aufträge.


Kleinigkeiten, die aber wichtig sind

Beispieltext/Beobachtung Erläuterung zur Verbesserung
"Faust schwärmt von den negativen Eigenschaften Gretchens" (gemeint ist hier die 'Schnippigkeit' gegenüber Faust) Es klingt seltsam, wenn jemand von "negativen" Eigenschaften schärmt... - Eine Interpretation sollte immer vor allem das Auffällige, "Unnormale" beschreiben. Das wäre hier naheliegend. Denn auffällig ist ja gerade, dass sich Faust von der Abweisung Gretchens nicht abschrecken lässt. Im Gegenteil: Er schwärmt sogar von den Eigenschaften, die zu dieser Abweisung führen. Das müsste man an dieser Stelle herausarbeiten. Die Aussage "von negativen Eigenschaften schwärmen" ist viel zu knapp und erklärt die Gegebenheit nicht richtig.
"Im Folgenden soll diese Szene erschlossen und interpretiert werden." Das überrascht mich. :-) Trotzdem könnt ihr diesen Satz getrost weglassen.
"Faust will, dass Mephisto ihm Gretchen verschafft." Hier ist problematisch, dass der Autor/die Autorin die Wortwahl "verschaffen" aus dem Text übernommen hat. Dieses Wort ist heute zudem nicht mehr geläufig. Wichtig ist, dass man die Sprache im analysierten Werk (u.U. altmodisch) und unsere aktuelle Beschreibungssprache auseinanderhält. Bitte achtet also darauf, keine Archaismen (!) aus den analysierten Texten zu verwenden. Grundsätzlich gilt es immer als schick, möglichst viel in eigene Worte umzuformulieren. Damit zeigt man, dass man den Text verstanden hat.
"der Autor beschreibt, wie Mephisto auf ... reagiert" Seid vorsichtig mit dem Begriff des "Autors" - wir müssen uns bemühen, unsere Sprache möglichst präzise zu machen. Im Drama beschreibt der Autor streng genommen nie etwas, denn immer beschreiben sich die Figuren durch ihre Rede selbst!