Das Warschauer Getto damals und heute

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Das Warschauer Ghetto

Das Warschauer Ghetto war das größte jüdische Ghetto in der Zeit des Nationalsozialismus. Allerdings sind heute nur noch sehr wenige Spuren des ehemaligen Ghettos zu finden. Dies liegt u.a. daran, dass das jüdische Ghetto nach dem jüdischen Aufstand 1943 von den Deutschen dem Erdboden gleich gemacht wurde.

Warsaw Ghetto destroyed by Germans, 1945.jpg

Das Warschauer Ghetto 1945 nach der Sprengung/Zerstörung durch die Deutschen

Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen erreichten vier Wochen nach Kriegsbeginn die ersten Streitkräfte die Hauptstadt. In Warschau lebten mehr als 380.000 Juden. Schnell wurde klar: Für sie alle gibt es nur sehr wenig Hoffnung. Einwohner jüdischen Glaubens wurden fortan nicht nur ausgegrenzt und diskriminiert, sondern katastrophalen Lebensbedingungen ausgesetzt. Am 2. Oktober 1940 erging der Befehl zur Errichtung eines Ghettos. Durch hohe Mauern abgeriegelt entstand eine Stadt in der Stadt. Unterversorgung, Platzmangel und Zwangsarbeit bestimmten das Leben der Bewohner im Ghetto. Auf 3,1 Quadratkilometer lebten teilweise bis zu 450.000 Menschen zusammen. Damit war das Warschauer Ghetto das größte Ghetto während der Zeit der deutschen Besatzung. Überträgt man diese Bevölkerungsdichte auf den Landkreis Haßberge, würde dieser 140 Millionen Einwohner aufweisen, was in etwa der Bevölkerungszahl der Russischen Föderation entspricht. So war es nicht verwunderlich, dass der Alltag der Menschen im Ghetto von Enge, Hunger, Krankheiten und Leid geprägt war.

Polen, Warschauer Ghetto.- Passanten neben auf dem Gehweg liegenden jüdischen Kind in Lumpen
Den Juden war es nicht gestattet, das Ghetto zu verlassen, sonst drohte die Todesstrafe.

Der polnische Mediziner Ludwik Hirszfeld, der von 1941 bis 1943 im Warschauer Ghetto eingepfercht war, schilderte die menschenunwürdigen Zustände dort in folgenden Worten:

„Die Straßen sind so übervölkert, daß man nur schwer vorwärts gelangt. Alle sind zerlumpt, in Fetzen. Oft besitzt man nicht mal mehr ein Hemd. Überall ist Lärm und Geschrei. Dünne, jämmerliche Kinderstimmen übertönen den Krach. […] Auf den Bürgersteigen stapeln Kot und Abfälle sich zu Haufen und Hügeln. […] Ich sehe ungeheuer viele Männer und Frauen, die vom Ordnungsdienst gejagt werden. Alte, Krüppel und Gebrechliche werden an Ort und Stelle selbst liquidiert. […] Oft liegt etwas mit Zeitungen Zugedecktes auf dem Bürgersteig. Schrecklich ausgezehrte Gliedmaßen oder krankhaft angeschwollene Beine schauen meistens darunter hervor. Es sind die Kadaver der an Flecktyphus Verstorbenen, die von den Mitbewohnern einfach hinausgetragen werden, um die Bestattungskosten zu sparen. […] Tausende von zerlumpten Bettlern erinnern an das hungernde Indien. Grauenhafte Schauspiele erlebt man täglich.“ – Ludwik Hirszfeld (zit. nach Wikipedia: Das Warschauer Ghetto)

Im Zuge der zunehmenden Judenverfolgung und der Endlösung der Judenfrage begannen im Juli 1942 die Deportationen der Ghettobewohner nach Treblinka, nordöstlich der Stadt gelegen. Binnen drei Monaten wurden auf diese Weise 240.000 Juden aus dem Ghetto deportiert. Aus dieser hoffnungslosen Situation der jüdischen Bevölkerung heraus galt es für die Bewohner des Ghettos, ein Zeichen zu setzen, das ausdrücken sollte, dass die Juden sich nicht kampflos ergeben würden. Am 19. April 1943 lehnten sich die im Ghetto verbliebenen Juden gegen die SS-Truppen auf. Schlecht ausgerüstet und in aussichtsloser Lage hielten die Kämpfe der Widerstandsbewegung „Zydowska Organizacja Bojowa“ gegen die Besatzungsmacht für einen knappen Monat an, ehe am 16. Mai die Kämpfe für beendet erklärt wurden. Das Gebiet wurde daraufhin gesprengt und niedergebrannt. Triumphierend telegraphierte SS-Brigadeführer Jürgen Stroop, Mitglied der SS-Gruppe Totenkopf, am 16. Mai 1943 an seinen direkten Vorgesetzten, den SS-Obergruppenführer Friedrich-Wilhelm Krüger nach Krakau:

Erinnerungstafel an das alte Warschauer Ghetto
„[…] Der ehemalige Jüdische Wohnbezirk Warschaus besteht nicht mehr. Mit der Sprengung der Warschauer Synagoge wurde die Großaktion um 20.15 Uhr beendet. […] Gesamtzahl der erfassten und nachweislich vernichteten Juden beträgt insgesamt 56.065. Und er fügte hinzu: Meine Leute haben ihre Pflicht einwandfrei erfüllt. Ihr Kameradschaftsgeist war beispiellos.“ (Zit. nach: Wladyslaw Bartoszewski: Das Warschauer Ghetto – Wie es wirklich war. Zeugenbericht eines Christen. M. e. Vorwort v. Stanislaw Lem, Frankfurt am Main 1986, S. 106, sowie: Philip Friedman: Im Ghetto von Warschau, in: Der Zweite Weltkrieg, Bd. 2: Von Pearl Harbor bis Stalingrad, Stuttgart u.a. 1989, S. 126, zitiert nach Wikipedia)

Viele tausende Juden verloren bei dem Widerstandsversuch und später bei der Sprengung des Ghettos ihr Leben. Die restlichen verbliebenen Juden (über 50.000) wurden nach Majdanek/Treblinka ins KZ deportiert.

Das Warschauer Ghetto - damals und heute

Die Karte gibt einen kurzen Einblick in die Größe des jüdischen Ghettos in den 40er Jahren. Die rote Umrandung zeigt die größte Ausdehnung des Ghettos. Die roten Punkte markieren die Orte von Überresten und zentralen Gedenkstellen im ehemaligen Warschauer Ghetto, die heute besichtigt werden können. Bei ihrem Besuch in Warschau im Rahmen des Erasmus+-Projektes haben die Schüler die historischen Schauplätze vor Ort besucht und fotografiert und versuchen an dieser Stelle das alte Warschau dem heutigen Warschau gegenüberzustellen.

Stepmap-karte-besuch-im-warschauer-ghetto-1558349-1.jpg


siehe auch


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