Musterbeispiel Textanalyse Erzähltext
(1 Einleitung) Viele Autoren gingen in ihrem Leben ins Exil. Manche freiwillig, andere wurden gezwungen. Auch Stefan Zweig ist einer dieser Autoren. Er schrieb die ,,Schachnovelle", aus der der vorliegende Textausschnitt stammt, im Exil. Im Ausschnitt, der auf Seite 11-14 der Novelle zu finden ist, wird der Werdegang von Mirko Czentovic näher durch den Erzähler beschrieben. Er ist ein junger Mann, der Schwachweltmeister ist und der in der Schachnovelle eine große Rolle spielt. (2 Inhaltsangabe)
Mirko Czentovic wird 1902 als Sohn eines Donauschiffers geboren, der stirbt, als Mirko 12 Jahre alt ist. Daraufhin wird er von dem Dorfpfarrer aufgenommen, der ihn zwar für ,,maulfaul und dumpf" (Z.x) hält, ihn jedoch trotzdem versucht zu fördern. Aufgrund Czentovics fehlender Intellektualität fällt ihm die schulische Bildung aber sehr schwer. Auf seine eigentliche Begabung wird der Dorfpfarrer deshalb erst aufmerksam, als Mirko bei seinem ersten Schachspiel gewinnt. Sein Talent wird nach dieser Erkenntnis gefördert und ,,nach einem halben Jahr beherrschte Mirko sämtliche Geheimnisse der Schachtechnik" (Z.27f.) Nachdem er mit 17 Jahren bereits viele Spiele gewonnen hat, erobert er im Alter von 20 Jahren die Schachweltmeisterschaft (vgl. Z. 17 ff.). In der Öffentlichkeit ist der Weltmeister aber umstritten. Er wird als arrogant und abgehoben empfunden, da er sich selbst für den wichtigsten Mann der Welt hält. Außerdem ist bekannt, dass er außer Schach keine anderen Begabungen hat und deshalb als ,,völliger Outsider der geistigen Welt" (Z.31) bezeichnet wird. Trotz seiner schnellen Karriere ,,blieb er derselbe beschränkte Bauernjunge, der im Dorf die Stube des Pfarrers gefegt hat" (Z.11f.). Deshalb wirkt er auf seine Mitmenschen wie eine groteske Figur, während er selbst von sich maßlos überzeugt ist: Er hielt sich für den wichtigsten Mann der Welt. (vgl. Z.31) Seine innere Verfassung spiegelt sich in seiner äußeren Erscheinung wider. Mirko trägt einen schwarzen Anzug, eine pompöse Krawatte und eine aufdringliche Perlennadel (vgl. Z. 9f.). Seine Finger sind mühsam manikürt. Diese Erscheinung zeigt den ,,zur Schau getragenen Stolz" (Z.16), den Czentovic seit seinem Erfolg als Schachspieler aufweist, denn vor dieser Wandlung war sein Auftreten von großer Unsicherheit geprägt (vgl. Z.13f.). Damit präsentiert er sich nach außen als ,,plump" und unbeholfen. Jedoch weiß er, sich selbst in Szene zu setzen. Denn das Schachspielen ist für ihn ein Geschäft, mit dem er sehr viel Geld verdient. Nur hierfür unterhält er mit anderen Beziehungen bzw. führt Gespräche. Ansonsten kapselt er sich von seinem sozialen Umfeld ab und hegt für dieses auch kein Interesse: ,,Dieser weiß in seinem vermauerten Gehirn nur das eine, dass er seit Monaten nicht eine einzige Schachpartie verloren hat, und da er eben nicht ahnt, dass es außer Schach und Geld noch andere Werte auf unserer Erde gibt." (Z. 17ff.)
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