Übungsaufsatz Lösungen

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Version vom 12. Dezember 2016, 16:57 Uhr von Alexandra Weber (Diskussion | Beiträge)

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Beispiel 1

Überall in der Welt gibt es Vorurteile und Klischees: In sozialen Netzwerken, in Medien und Zeitschriften, wie beispielsweise über Prominente, aber auch im Schul- und Berufsleben. Im Drama ,,Andorra" von Max Frisch wird aufgezeigt, was Vorurteile alles anrichten können und welche Folgen Diskriminierung hat. In diesem Drama wird der angeblich jüdische Andri wegen seiner Herkunft von der Gesellschaft abgelehnt und diskriminiert.

Dies zeigt sich bereits in der Vorgeschichte, in der sich Andri, dem sein Pflegevater Can eine Tischlerlehre ermöglicht hat, von seinem Pflegevater verraten fühlt, da dieser die von Andri und Barblin gewünschte Heirat untersagt. Als Andri auch noch seinen Konkurrenten Peider aus Barblins Schlafkammer kommen sieht, fühlt er sich von Barblin hintergangen und verliert entgültig sein Vertrauen zu den Andorranern, die außerdem mit den ,,Schwarzen" verfeindet sind.

Die vorliegende Szene spielt in der Sakristei einer Kirche (Z.1) und kurz vor der Messe, was in Z. 161 deutlich wird, da der Pater für den Gottesdienst angekleidet wird.

Am Anfang der Szene wird Andri auf den Wunsch seiner Pflegemutter hin vom Pater angesprochen, der gerne ein Gespräch initiieren will und Andri auffordert, sich zu setzen, was dieser aber ignoriert (Z.1-22). Als Andri den Pater fragt, ob er anders sei und ihm aufzählt, was über ihn gesagt wird, bekräftigt der Pater, dass er und Andris Pflegeeltern ihn so lieben würden, wie er sei. (Z.) Jedoch geht Andri darauf nicht ein, sondern verliert sich in Selbstzweifeln und möchte das Gespräch beenden (Z. 23-70). Der Pater versucht erneut, auf ihn einzureden, scheitert aber (Z. 71-140). Schließlich bricht Andri weinend zusammen und erzählt dem Pater verzweifelt von der untersagten Heirat (Z.141), woraufhin der Pater erneut versucht, ihn aufzumuntern und durch stärkende Worte aufzuheitern, doch Andri wendet sich ab und geht erneut nicht darauf ein (Z. 156-200).

Der Pater, der bereit ist, sich Andris Sorgen anzuhören, will Andri helfen, doch dieser schätzt es nicht und lehnt die Hilfe ab.

Andri verhält sich verschlossen, wie in Z. 4, Z. 6 etc. deutlich wird, da er nicht auf die Fragen des Paters eingeht un ihn teilweise auch ignoriert (,,Andri schweigt.", Z.5). Auf die angebotene Hilfe reagiert er ablehnend, was sich in Z. 199 zeigt, als er die Frage stellt, ob er endlich gehen könne, und sich dem Pater entzieht, als dieser ihn durch Auflegen der Hände stärken will: ,,Andri entzieht sich. Ich mag nicht immer eure Hände auf meinen Schultern ..." (vgl. Z. 108 f.). Außerdem ist er traurig, wenn nicht sogar verzweifelt, wie an seinem Zusammenbruch wegen der verbotenen Heirat in Z. 141 ff. und Z. 67 f. aufgezeigt wird: ,,Wenn er mein Bestes will, warum, Hochwürden, warum will er mir alles geben, aber nicht seine eigene Tochter? (...) Warum aber? Warum? Weil ich Jud bin. (...) Sie kann mich nicht lieben, niemand kann`s, ich selbst kann mich nicht lieben ..." Er fühlt sich abgelehnt und ausgeschlossen und denkt, er sei ,,anders" in negativem Sinne, was bei ihm große Selbstzweifel hervorruft. Seine Nervosität zeigt sich im ersten Abschnitt, indem er sich weigert, sich zu setzen, und bei dem freundschaftlichen Versuch des Paters, ihm auf die Schulter zu klopfen, zurückweicht.Eine Folge seiner Diskriminierung ist anscheinend, dass er sich selbst nicht mehr annimmt und lieber wie die anderen Andorraner wäre. Dass der Pater das anders sieht, ändert an Andris Meinung nichts.

Der Pater, der sich unvoreingenommen, also ohne Vorurteile Andri gegenüber, verhält (vgl. Z. 80 f., Z. 86 f.) ist gutmütig und will Andris Vertrauen gewinnen, indem er sich diesen offen und ehrlich gegenüber gibt und sich seiner annimmt (vgl. Z. 145, Z. 115): Wir müssen uns selbst annehmen, und das ist es, Andri, was du nicht tust. Warum willst du sein wie die andern? Du bist gescheiter als sie, glaub mir, du bist wacher. Wieso willst du`s nicht wahrhaben? `s ist ein Funke in dir. Warum spielst du Fußball wie diese Blödiane alle und brüllst auf der Wiese herum, bloß um ein Andorraner zu sein? (...) Ich sage: Du bist nicht feig. Bloß wenn du sein willst wie die Andorraner alle, dann bist du feig." (Z. 165 ff.). Trotz Andris Ignoranz und ablehnender Haltung lässt er sich nicht verunsichern und bleibt die ganze Zeit über motiviert, ihn aufzuheitern und sein Selbstwertgefühl zu stärken. In der genannten Szene zeigt er sich hilfsbereit, auch Andris Ziehmutter gegenüber, als sie ihn darum bittet, mit Andri zu reden (vgl. Z.3).

Im weiteren Handlungsverlauf kommt Andris leibliche Mutter ins Spiel, die offensichtlich eine Schwarze ist. Sie stellt Can zur Rede und verlangt, dass er Andri über seine wahre Herkunft aufklärt, was dieser aber verweigert. Später kommt es, als Folge eines Streits zwischen Andri und Peider, bei dem es um Barblin geht, zu einer Prügelei, bei der Andris Mutter mit ansehen muss, wie Andri von einem jungen Soldaten zusammengeschlagen wird.


Beispiel 2

(...)

In der vorliegenden siebten Szene verstärken sich Andris Selbstzweifel und sein Misstrauen gegenüber ihm nahe stehende Menschen, als ihn der Pater um ein Gespräch bittet. Da allerdings bereits in der vorherigen Szene sein Vertrauen gegenüber seiner heimlichen Verlobten Barblin einen Einbruch wegen eines anderen Mannes erleidet und er sich auch von seinem Ziehvater aufgrund seiner "jüdischen" Abstammung distanziert fühlt, fällt es ihm schwer, die Worte des Paters anzuhören.

Die Szene spielt in der Sakristei einer Kirche, die mit einem Stuhl ausgestattet ist, was dadurch deutlich wird, dass der Pater Andri mehrmals auffordert, sich zu setzen, was Andri jedoch verweigert.

Das Geschehen spielt sich kurz vor der Messe ab, da in der Mitte des vorligenden Handlungsabschnittes ein Kirchendiener die Sakristei betritt und ,,den Pater zur Messe kleidet" (Z. 161).

Das Gespräch zwischen dem Pater und dem ,,jüdischen" Andorraner vor der Messe erfolgt auf Wunsch seiner Adoptivmutter, die sich sehr um Andri sorgt. Obwohl der Pater anfangs versucht, die Stimmung aufzulockern, indem er ihn auffordert sich zu setzen und nicht gleich mit seinem Anliegen an ihn herantritt, sondern ihm erst gut zuspricht, stellt sich die Sorge von Andris Mutter als berechtigt heraus und auch guten Zuspruch hat der junge Mann nötig, da er extreme Selbstzweifel hegt. Diese werden stärker verdeutlicht, als Andri beginnt, darüber zu reden, warum er keine Tischlerlehre ausüben kann, wonach ihn der Pater zuvor gefragt hat. Der Pater argumentiert, dass Andris Vater ihn so gerne habe, dass er sogar Land für ihn verkauft hätte. (Z. 30 ff.) Daraufhin zählt Andri die Vorwürfe und Vorurteile auf, die der Wirt, der Tischler und der Soldat Peider hervorbringen. Die Leute beschränken ihn auf negative Eigenschaften mit der Begründung, dass er Jude sei und alle Juden nun mal gleich seien. Der Pater versucht erst, ihm zuzusprechen und ihm einzureden, nicht auf deren Meinung zu hören, doch Andri ist bereits in einem Teufelskreis gefangen, dessen schlechte Gedanken letztendlich immer bei ihm selbst enden, weshalb er nicht auf die Worte des Paters eingeht, sondern ihn darum bittet, gehen zu dürfen. (Z. 70)

Erneut gibt sich der Pater Mühe, Andri von seinen guten Eigenschaften zu überzeugen, indem er Andris Selbstzweifel sich insofern zunutze macht, dass er ihm sagt, er möge ihn, gerade weil er anders sei, als andere. Hierauf reagiert Andri jedoch ebenfalls abweisend, da er kein Mitleid bzw. keine Hilfe vom Pater möchte, wie sich zeigt, als sich Andri der Hand des Paters entzieht (Z. 109) und sich ihm gegenüber wieder verschließt.

Als der Pater Andris Eltern mit ins Spiel bringt, wehrt sich Andri vehement gegen deren Sorge und erleidet einen Nervenzusammenbruch. Der eigentliche Grund dafür scheint aber allerdings Barblin, seine Verlobte, zu sein, die ihn aufgrund ihrer Verwandtschaft zu Andri auf Anweisung ihres Vaters Can nicht heiraten darf. Allerdings wissen beide nichts von den verwandtschaftlichen Beziehungen. So bleibt Andri im Glauben, dass er aufgrund seines Daseins als Jude Barblin nicht heiraten darf.

Nach seinem Zusammenbruch bittet Andri den Pater wieder, gehen zu dürfen (Z. 158). Dies ignoriert der Pater jedoch und redet auf Andri ein, dass er ihn liebe, weil er anders und etwas Besonderes sei. Er versucht ihn zur Selbstliebe zu bewegen (Z. 195 ff.), doch Andri fragt wieder nur, ob er gehen dürfe.

Wie die vorliegende Szene zeigt, besteht zwischen Andri und dem Pater ein gutes und relativ vertrautes Verhältnis, das jedoch momentan unter den großen Selbstzweifeln Andris leidet.

Er ist bereits zu Anfang des Gesprächs äußerst in sich gekehrt und schweigt auf jeglichen Versuch seitens des Paters, ein Gespräch aufzubauen. Im vorliegenden Handlungsabschnitt zeigen sich die schwerwiegenden Folgen der Vorwürfe der Andorraner in Form seiner extremenen Unsicherheit und Verschlossenheit. Andri reagiert abweisend auf alle Versuche des Paters, ihn aufzubauen, indem er immer wieder fragt, ob er gehen dürfe. (Z. 70, Z. 158 etc.), um somit das Gespräch zu beenden. Seine Verzweiflung wird deutlich, als er immer wieder aufbrausend auf seine ,,jüdische" Herkunft reagiert, mit der er alles Schlechte in seinem Leben begründet, wie z.B. dass der Vater eben nicht sein Bestes will, da er ihm sonst seine Tochter zur Frau gäbe (Z. 125-128). Zudem wirkt er durch seine Nachfragen, gehen zu dürfen, sehr nervös und unruhig.

Der Pater hingegen versucht Andri während der gesamten Szene davon zu überzeugen, dass er kein schlechter Mensch ist und dass ihn seine Familie und auch der Pater selbst gerade deshalb lieben, weil er ist, wie er ist. (vgl. Z. 178 ff. und Z. 29 ff.) Er versucht ihn zu motivieren und ihn von seinen schlechten Gedanken abzulenken, indem er ihm bewusst macht, dass Andri nur anders oder feige wäre, würde er versuchen, wie alle anderen Andorraner zu sein (Z. 191). Dies wiederum zeigt, dass er auch mit manendem bzw. warnendem Unterton versucht Andri zu bestärken, da er will, dass Andri so bleibt, wie er ist, eben weil er so schon geliebt wird. Sein Bemühen zeigt jedoch keinen ERfolg, da Andri das Gespräch abbricht und auch Andris leibliche Mutter, eine Schwarze, in der nächsten Szene nach Anorra kommt, um den Lehrer zur Rede zu stellen, warum er die wirkliche Herkunft Andris verschwiegen hat. Dies geht jedoch nach hinten los. So muss Andris Mutter mit ansehen, wie Andri bei einem Streit um Barblin von einem jungen Soldaten verprügelt wird. Die komplizierte und verfahrene Situation wird sich für Andri nicht lösen.