Ständegesellschaft

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Inhaltsverzeichnis

Ständegesellschaft


Leben auf dem Land

Materialien


Hefteintrag

  • über 80% der Menschen leben auf Land
  • Wohnform: Dorf
  • Waldhufen-
  • Haufen - oft Kirche. als geistl. und geistiger (Schule) Kern
  • Kirchspiel (mehrere Dörfer, Weiler, Höfe teilen sich Kirche)
  • privat genutzes Land und bis zu 50% Allmende (gemeinsch. genutztes Land)
  • Leben geprägt von
  • Wetter (Ernte!)
  • Tages- und Jahreszeit
  • harter Handarbeit
  • sehr einfachen Wohnverhältnisse, Nahrung, Kleidung
  • Selbstversorgungswirtschaft
  • vielfältige Abhängigkeit und Dienste
  • unsicheres, meist kurzes Leben
  • Bewohner sozial stark differenziert:
  • Grundherr
  • Pfarrer, Verwalter des Grundherren
  • Bauern, Handwerker Tagelöhner, Knechte, Mägde
  • Juden und andere Randgruppen

Unterschiede zwischen "Bauern":
abhängig von Hofgröße, Erbrecht (Anerbenrecht vs. Realteilung) und Status des Bauern:

  • Höriger: abhängig von Grundherr (GH), der ihm Land zur Bearbeitung überlässt und ihn schützt, dafür aber Abgaben (Natural- und Geld-) und Dienste erhält. Hat z.T. auch noch eigenes Land und kann Überschüsse selbst verwenden. z.T. mehreren Grundherren verpflichtet
  • Leibeigener: urspr. völlig unfrei, persönlicher Besitz des GH, arbeitet auf dessen Land nur für ihn, darf z.B. nicht wegziehen. Später z.T. im S /W eher wie Hörigenstatus. Im O extreme Unfreiheit

Grundherren: Vertreter des 1. oder 2. Standes oder kirchl. Einrichtung, die Besitz von und Herrschaft über Land und Leute (inkl. Gerichtsbarkeit) innehaben


Wichtig: Genossenschaftsidee

Paralleles beziehungsweise Gegenprinzip zum hierarchischen Prinzip der Grundherrschaft!

  • Vereinigung zum Teil von Personen aus unterschiedlichen Ständen (z.B. Wallfahrtbruderschaften)
  • oft durch Eid geschlossen
  • Idee: kooperative Solidarität, Zugehörigkeit, Sicherstellung eines standesgemäßen Begräbnisses usw.
  • Gemeinschaft als Schutz vor hohen Lebensrisiken auf Land, bei Reisen, bei Missernten, Epidemien.

  Städte:

  • Kaufleute ⇒ Gilden/Hanse
  • Handwerker ⇒ Zünfte
Regelung von Produktion und Handel, wechselseitige Unterstützung, Geselligkeit ⇒ gutes Leben, geregeltes Auskommen und grundlegende soziale Absicherung der Mitglieder


Land:

Bauern bewirtschaften Land der Grundherren ⇒ Kooperation bei Feldbau, Frondiensten und Nutzung der Allmende wichtig ⇒ Gemeindeversammlung ⇒ Gemeinderat/Dorfschulze ⇒ gemeinsames Handeln gegenüber Grundherren

Bedrohungen und soziale Absicherung

Bedrohungen

Im 15. Jh. bis Mitte 19. Jh. durchschnittliche Lebenserwartung zwischen 35 und 40 Jahren!
Ursachen:


Krankheiten und Seuchen

  • Pestwelle 1347-1352 (der schwarze Tod)
  • bis ins 18. Jh. wiederholte Epedemien
  • als Folgen: erhöhte Frömmigkeit, Judenverfolgung (Sündenbock!)
  • Krankheiten wie Ruhr, Pocken, Masern, Keuchhusten, ...
  • "Kindbettfieber": Infektion nach/während Geburt ==> Tod vieler Frauen
  • hohe Kindersterblichkeit
  • Unterernährung schwächt Immunsystem
  • Medizin und Hygienen wenig entwickelt ⇒ viele Infektionen oder Verletzungen führen unweigerlich zum Tod


Kriege

  • grundsätzlich durch Übergriffe durch Truppen und marodierende Söldner (Verheerung!): massive Bedrohung und Dezimierung der Zivilbevölkerung (Raub, Brandstiftung, Erpressung, Vergewaltigung, Mord), dazu als Folge Hungersnöte und Seuchen
  • Entvölkerung ganzer Landstriche und Aufgabe von Siedlungen (⇒ Wüstung)


Hunger

  • Missernten/zu geringer Ertrag durch / Verschuldung (ggü. Grundherrn)und Verlust des Hofes durch
  • Wetter/Klimawandel, Naturkatastrophen
  • Schädlinge/Pflanzenkrankheiten
  • Ausfall einer Arbeitskraft in Familie durch Krankheit oder Unfall
  • zu kleine, unwirtschaftliche Höfe und zu hohe Abgabenlast
  • Plünderung durch Soldaten (Ernte, Vieh, Rücklagen, Saatgut)


Alter/Armut

keine generelle (staatliche) Vorsorge


Formen der sozialen Absicherung

Hilfe durch Familie, Genossenschaft (z.B. Zunft), Kirche

z.B. Pflege, Hilfe und Altersversorgung in Familie

Almosenlisten

  • kirchliche oder kommunale Listen, auf denen Bedürftige aufgeführt sind, die regelmäßige Zuwendungen oder freies Wohnen erhalten
  • besonders für alte/kranke oder anderweitig nicht arbeitsfähige und besitzlose Einzelpersonen (Familie KANN nicht helfen) → Witwen, alleinstehende Frauen mit kleinen Kindern

Betteln

  • anerkannter "Beruf" für Arme, die sich so versorgen
  • Geber haben christliche Motivation (⇒ Mildtätigkeit!)
  • zunehmend kommunal reglementiert: Betteln/Almosenempfang nur für Inhaber amtlicher Bettelzeichen erlaubt, um steigende Zahlen zu bewältigen

(Städtische) Zucht- und Arbeitshäuser

besonders für Menschen aus gesellschaftlichen Randgruppen

Zweck:

  • Disziplin
  • Arbeit

Prinzipien:

  • strenge und starre Disziplin
  • statt Todes- und Körperstrafen Freiheitsentzug durch Einschließung in Disziplinaranstalt
  • Arbeitspflicht
  • Arbeitskräfte für Staat

Spitäler (städtisch/landesherrlich/kirchlich)

  • Meist Stiftungen von Adeligen, reichen Bürgern, hohen kirchlichen Amtsträgern
  • Austattung mit Ländereien, Geld, Grundstücken und Gebäuden, Gärten, z.T. mit Apotheken
  • z.T. Platz für bis zu 500 Personen
  • Funktionen u.a.:
  • Krankenhaus
  • Altenstift
  • Wöchnerinenstube (für Geburt + Zeit danach)
  • Säuglings- und Waisenheim
  • Anstalt für Geisteskranke
  • Wohnraum für Aussätzige


ABER: WANDEL der Einstellung zur Armut:

Von Almosenvergabe durch Einzelne (alte, religiös motivierte Form) zu gemeinschaftlich und öffentlich organisierter Armenfürsorge


Merkmale:

  • Kommunalisierung: weltliche Obrigkeit (vor Ort) übernimmt Organisation des Armenwesens
  • Rationalisierung: Nur Arbeitsunfähige erfüllten Kriterien der Bedürftigkeit und erhalten Leistungen
  • Bürokratisierung: Kontrolle der Unterstützungsleistungen durch Sozialverwaltungen
  • Pädagogisierung: Erziehung für die Bettler durch die Verwaltung. Zum Beispiel sollen sie nicht mehr Glücksspielen/ Saufen, sondern regelmäßig und organisiert arbeiten.

Ursache des Wandels: Reformation

  • Almosen geben bringt keine Erlösung - nur Glaube
  • viele Klöster (vorher aktive Armenfürsorge) aufgelöst
  • immer mehr/zu viele Bettler (Bettelarme!
  • protestantisches Arbeitsethos alle noch arbeitsfähigen Bettler sollen arbeiten



Vorindustrielle Arbeitswelten

Selbstversorgung = Subsistenzwirtschaft

Ziel: Befriedigung der Grundbedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Unterkunft) Herstellung der Produkte und einfacher hierzu benötiger Werkzeuge/Mittel in Handarbeit

  • besonders auf Land
  • nicht marktorientiert
  • kaum Arbeitsteilung
  • kaum Geldwirtschaft


Zunftwesen: Zusammenschluss v. Handwerkern eines Berufes

Ziele

  • berufliche Selbstorganisation
  • Regelung von Preisen, Betriebsgrößen
  • Gewährleistung der Qualität d. Produkte
  • Regelung der Ausbildung, Prüfungen/Qualität der Arbeit, Festsetzung von Löhnen
  • Abwehr/Regulierung innerstädtischer und externer Konkurrenz
  • politische + militärische Organisation
  • Zunftmeister, z.T. in Stadtrat
  • Beitrag zur Stadtverteidigung
  • soziale Fürsorge f. Zunftgenossen und Familien
  • Krankheit/Berufsunfähigkeit/Tod
  • Witwen und Waisen ...
  • Regelung d. gesellschaftlichen Lebens
  • Gottesdienste, Zunftfeiern, Kontrolle des Verhaltes


Manufaktur

  Handwerkliche Methoden, aber Großbetriebe

  • oft Herstellung für Export bestimmter Luxusgüter/z.T. Massenware (Gobelins, Porzellan, ...)
  • oft in absolutistischer WS Politik von Staat im Rahmen des Merkantilismus gefördert
  • schon Arbeitsteilung: Zerlegung der Produktion in kleinere Schritte

Folgen

  • Steigerung der Effektivität/Produktion
  • bessere Überwachung, Steuerung der Arbeitskräfte und Produktion
  • eher auch ungelernte Arbeitskräfte einsetzbar

   

Verlagswesen

Herstellung bes. v. Textil- u. Metallwaren in handwerklicher Produktionsweise

  • zu Hause, in Kleinbetrieben
  • oft an überregionalen Märkten orientiert
  • Produktionsmittel und/oder Rohstoffe oft von Verleger (Kaufmann) vorfinanziert und bereitgestellt

Folgen

  • Steuerung durch Verleger/Markt
  • Abhängigkeit von Verleger (Rohstoffe, Vertrieb, Geräte)
  • dezentrale Produktion


.

Familie und Rollenbild Mann/Frau

Form und Zusammensetzung d. Familie

  • häufige Form in Mitteleuropa: Kernfamilie (Eltern, Kinder), eventuell ergänzt durch alleinstehende Verwandte
  • eher kleinere Gruppe als früher angenommen (hohe Mütter- u. Kindersterblichkeit, späte Heirat); Zahl der Personen im Haushalt war abhängig vom Reichtum → mehr Wohlstand bedeutet bessere Lebensbedingungen, geringere Kindersterblichkeit, Möglichkeit zur Versorgung von mehr Familienmitgliedern.
  • Ganzes Haus
  • Einheit von Arbeit und Wohnen (wesentliches Merkmal vorindustrieller Gesellschaften)
  • Kernfamilie + Blutsverwandte + Gesinde/Gesellen usw.
  • Hausherr hat patriarchale Gewalt über alle Hausgenossen (auch Ehefrau , die aber wesentlich ist für Gewährleistung der Funktion des Haushalts/Existenzsicherung) aus.
  • Nur über Hausherrn (bzw. Hausherrin, wenn Witwe) ist der Hausverband in übergeordneten sozialen Verbänden repräsentiert (Dorf, Stadt, Kirchengemeinde etc.)

In Städten/Bürgertum erfolgt früher eine Trennung von Arbeits- und Wohnbereich, und damit der Spähren von Mann und Frau.

Rolle/Zweck der Familie

  • Grundsätzlich: Absicherung und materielle Basis (Land, Immobilie, Arbeitskraft) ⇒ wirtschaftliche Bedeutung der Eheschließung  
  • Funktion (bes. des Ganzen Hauses):
  • wirtschaftliche Produktion
  • Versorgung der Mitglieder
  • Fortpflanzung und Kinderaufzucht
  • Versorgung von Alten und Kranken
  • Vermittlung kirchlicher und weltlicher Normen

   

Rolle der Frau und des Mannes

formal klar hierarchische Rollenverteilung: Vater als Herr des Hauses (patriarchalische Familie), Zuständigkeit der Frau für Haus und Kinder.

Frau:

  • rechtliche Einschränkungen: kein Recht, Verträge abzuschließen, Handel zu treiben, Besitz zu erwerben und zu veräußern (außer z.T. als Witwe, Vormund der Kinder ...)

+ Aufgaben: Kinderfürsorge, Haushaltsführung, gemeinsame Bewältigung der anfallenden Aufgaben im Haus7AUF hOF zusammen mit dem Mann (auf dem Land für existentielle Funktionalität der Familie wichtiger1)   Mann:

  • Vorrangstellung des Hausvaters als Inhaber von rechtlichen Freiheiten (Vertragsabschluss, Besitzerwerb etc.)
  • Sicherung der Existenz der Familie


Normierung und Sozialdisziplinierung

Bedrohung/Durchbrechung der alten (Stände-)Ordnung

  • zunehmende soziale Mobilität
  • Wohlstand/Aufstieg v. Teilen des Bürgertums durch Bildung (Ämter) und Handel/Unternehmertum (z.B. J. Fugger)
  • Krisen in Landwirtschaft (Entvölkerung durch Kriege è Arbeitskräftemangel)
  • Verarmung des Adels → Bedeutungsverlust der Grundherrschaft/Landwirtschaft
  • Niedergang des Rittertums (Söldnerheere, Schusswaffen)
  • Schwächung der Kirche (Reformation → Kirchenspaltung, Auflösung v. Klöstern)


Reaktion des Staates: Versuch der Normierung und Sozialdisziplinierung

Staat (also in "Deutschland" nicht einheitlich!) reagiert mit "guter Policey" = obrigkeitlichen Regelungen zur Erlangung von Ordnung, Sicherheit, Wohlfahrt

Vorschriften zum Beispiel zu

  • Bettler- / Armenwesen
  • Jagdwesen/Wilderei
  • Bauwesen
  • Brandschutz
  • Konsumsteuern
  • Bauwesen
  • religiöse Fragen, (z.B. Prozessionen)
  • Militärwesen, (z.B. Ausrüstung, Verbot des Dienstes in anderen Fürstentümern)
  • Ständeregeln, Verhinderung des übermäßigen Luxus, Maßnahme gegen Sozialneid (Kleiderordnungen usw.)
  • Festlegung v. Qualifikationen z.B. für medizin. Berufe


ZIEL: Untertanenstaat und Sozialdisziplinierung im öffentlichen und staatlichen Bereich


Kontrolle/Durchsetzung durch

  • Veröffentlichung
  • Anzeigepflicht f. Amtsträger
  • Pässe
  • Zeugnisse
  • Entsendung von Militär, Polizei


Konfessionalisierung:

Durchdringung der Gesellschaft und regionale Abgrenzung aufgrund von der jeweiligen Konfession geprägten Normen u. Werte. Ebenfalls wirksam in Form einer Vereinheitlichung des Wertesystems und Denkens, die hier vom Fürsten als Oberhaupt der Landeskirche (besonders in protestant. Gebieten oder bei kathol. geistlichen Landesherren)