Übung zu den Erzählperspektiven
- Aufgabe 1
Ordnen Sie die genannten Merkmale der jeweiligen Erzählperspektive zu.
auktorialer Erzähler | kommentierend | wertend | kann die Gedanken der einzelnen Personen lesen | allwissend | Distanzierung von der Handlungsweise der Figuren | erkennbare Leser-Erzähler-Kommunikation |
personaler Erzähler | Er-Erzähler | Leser betrachtet die Handlung durch die Augen einer Romanfigur, kann also nur erkennen, was die Figur wahrnimmt | Keine erläuternden Bemerkungen | |||
Ich-Erzähler | Teil des Geschehens | Erzähler und Handlungsfigur sind eins | begrenzte Perspektive | emotionale Nähe zum Geschehen | ||
neutraler Erzähler | Ausnahme: kein Erzähler wahrnehmbar |
- Aufgabe 2
Ordnen Sie die nachfolgenden Textbeispiele einer Erzählperspektive zu. Erläutern Sie nachfolgend, warum...
„Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur durchschritten und blicke mich um. Es ist meines Vaters alter Hof. Die Pfütze in der Mitte. Altes, unbrauchbares Gerät, ineinander verfahren, verstellt den Weg zur Bodentreppe. Die Katze lauert auf dem Geländer. Ein zerrissenes Tuch, einmal im Spiel um eine Stange gewunden, hebt sich im Wind. Ich bin angekommen. Wer wird mich empfangen? Wer wartet hinter der Tür der Küche?“ (Kafka, Heimkehr)
(Ich-Erzähler) (!personaler Erzähler) (!auktorialer Erzähler) (!neutraler Erzähler)
„An einem unfreundlichen Novembertag wanderte ein armes Schneiderlein auf der Landstraße nach Goldach, einer kleinen, reichen Stadt, die nur wenige Stunden von Seldwyla entfernt ist. Der Schneider trug in seiner Tasche nichts als einen Fingerhut, welchen er, in Ermangelung irgendeiner Münze, unablässig zwischen den Fingern drehte, wenn er der Kälte wegen die Hände in die Hosen steckte, und die Finger schmerzten ihn ordentlich von diesem Drehen und Reiben. Denn er hatte wegen des Falliments irgendeines Seldwyler Schneidermeisters seinen Arbeitslohn mit der Arbeit zugleich verlieren und auswandern müssen. Er hatte noch nichts gefrühstückt als einige Schneeflocken, die ihm in den Mund geflogen, und er sah noch weniger ab, wo das geringste Mittagbrot herwachsen sollte. Das Fechten fiel ihm äußerst schwer, ja schien ihm gänzlich unmöglich, weil er über seinem schwarzen Sonntagskleide, welches sein einziges war, einen weiten, dunkelgrauen Radmantel trug, mit schwarzem Samt ausgeschlagen, der seinem Träger ein, edles und romantisches Aussehen verlieh, zumal dessen lange, schwarze Haare und Schnurrbärtchen sorgfältig gepflegt waren und er sich blasser, aber regelmäßiger Gesichtszüge erfreute.“ (Keller, Kleider machen Leute)
(!Ich-Erzähler) (!personaler Erzähler) (auktorialer Erzähler) (!neutraler Erzähler)
„An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit. - Dieser außerordentliche Mann würde, bis in sein dreißigstes Jahr für das Muster eines guten Staatsbürgers haben gelten können. Er besaß in einem Dorfe, das noch von ihm den Namen führt, einen Meierhof, auf welchem er sich durch sein Gewerbe ruhig ernährte; die Kinder, die ihm sein Weib schenkte, erzog er, in der Furcht Gottes, zur Arbeitsamkeit und Treue; nicht einer war unter seinen Nachbarn, der sich nicht seiner Wohltätigkeit, oder seiner Gerechtigkeit erfreut hätte; kurz, die Welt würde sein Andenken haben segnen müssen, wenn er in einer Tugend nicht ausgeschweift hätte. Das Rechtgefühl aber machte ihn zum Räuber und Mörder.“ (Kleist, Michael Kohlhaas)
(!Ich-Erzähler) (!personaler Erzähler) (auktorialer Erzähler) (!neutraler Erzähler)