Argumentierendes Schreiben I
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Version vom 2. März 2012, 11:28 Uhr von Michael Rödel (Diskussion | Beiträge)
Stilistik des argumentierenden Schreibens
Argumentative Texte stellen nicht nur hohe Ansprüche an die Argumentationslogik, müssen also bestens durchdacht sein, sondern sind vor allem auch stilistisch eine hohe Herausforderung. Das gilt für die althergebrachte "Erörterung", in besonderem Maße aber für den Kommentar.
Wichtige Hinweise zur Stilistik des Kommentars
Gerade in Kommentaren fallen immer wieder einige stilistische Regelverstöße, die sich aus Erörterungen der Mittelstufe eingeschliffen haben - und die in Erörterungen nicht begangen werden sollten, aber erst recht nicht in Kommentaren!. Die folgende Übersichtsliste soll helfen, diese Fehler zu vermeiden.
Beispiel | Problembeschreibung |
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"Michael Ballack, Maria Riesch, Magdalena Neuner - diese großen Sportlerpersönlichkeiten kennt wohl jedes Kind." | Grundsätzlich soll ein Kommentar mit Stilmitteln arbeiten. Diese Aufzählung, die über einen Bindestrich mit einer Aussage über die aufgezählten Aspekte verbunden wird, gehört anscheinend zum Standardinventar der Haßfurter Schüler. In 90% aller argumentativen Texte kommt dieses Stilmittel vor, oft mehr als nur einmal. Das ist langweilig und einfallslos! Außer in Boulevard-Magazinen im Fernsehen wird ein Beitrag nirgends so eingeleitet. Dieses stilistische Muster ist für Abituraufsätze schlichtweg nicht ausreichend und sollte vermieden werden. |
"Aber nicht nur für Teilnehmer sind Casting-Shows sinnvoll. Auch Zuschauer profitieren von ihnen." | Diese Formulierungen stehen für die "Sicherheitsvariante" in der Erörterung. Man kann mit ihnen nichts falsch machen. Aber auch sie sind zu einfallslos und nichtssagend, um einen Kommentar bereichern zu können. Überleitung von einem Argument zum nächsten müssen - gerade im Kommentar - cleverer und einfallsreicher formuliert werden. Bsp.: "Für manchen Teilnehmer war die Casting-Show der Weg aus seiner persönlichen Misere. Für viele Zuschauer ist die Casting-Show der Höhepunkt ihres Fernsehtages. Sie fühlen sich hier so gut unterhalten wie sonst nirgends." |
"In der heutigen Zeit dominieren die modernen Medien in unserer Gesellschaft. Fernseher, Radios und Handys dürfen in keinem Haushalt fehlen. Sie tragen vor allem zu unserer Unterhaltung bei, vor allem der Fernseher." | Für einen Kommentar zum Thema "Casting-Show" holt dieser Text einfach zu weit aus - die einzelnen Aussagen sind zu allgemein, als dass man ihre Bedeutung für das Thema erkennen könnte. Statt dessen sollte man schnell - oder einfallsreich - und sprachlich eloquent zum Thema kommen. Vorschlag: "Moderne Medien dominieren unsere Gesellschaft. Doch meistens nutzen wir die modernen Medien zur Unterhaltung - und genau dann stoßen wir auf Casting-Shows. (...)" |
"..., was sie sich anders eventuell überhaupt nicht leisten könnten." | Hier sind zwei Phänomene typisch: Einerseits werden in Kommentaren und Erörterungen gerne Extreme bedient ("Schwarz-Weiß-Malerei" = "überhaupt nicht"), andererseits werden die Aussagen eingeschränkt ("eventuell"). Die Kombination passt nicht gut zueinander! |
Schlüssigkeit der Argumente | Bitte beachtet unbedingt unsere Ergebnisse der Unterrichtseinheit zur Überzeugungskraft von Argumenten! Argumente sind dann besonders überzeugend, wenn sie weitgehend allgemeingültig sind. Wenn man beim Thema "Casting-Show" damit argumentiert, dass ein Teilnehmer später Weltstar werden könnte, dann ist dieses Argument so minimal allgemeingültig, dass man es eigentlich getrost im Papierkorb verschwinden lassen könnte. Es muss bessere Argumente für Casting-Shows geben (und die stehen wohl eher auf Seite des Publikums als auf der Seite der Teilnehmer!). |
"sondern diese Shows erweisen sich durchaus als förderlich" | Das "durchaus" schränkt auch hier die Aussage etwas ein (s.o.). Zu oft sollte man seine Aussagen aber nicht einschränken (sonst ist am Ende keine Position mehr übrig). Wichtiger ist aber der Einwand, dass die Konstruktion "sich als förderlich erweisen" einfach "Institutionsdeutsch" ist und bestimmt nichts in einem Kommentar verloren hat! |
Stilmittelverwendung | Ein Kommentar arbeitet ganz bewusst mit rhetorischen und stilistischen Mitteln. Die Betonung liegt dabei auf "ganz bewusst" - es geht um die bewusste und gezielte Verwendung stilitischer Figuren an einer entscheidenden Stelle. So ist eine rhetorische Frage an einem zentralen Punkt der Argumentation oft sehr gut; aber es ist stilistisch fragwürdig, wenn ein Kommentar immer wieder mit rhetorischen Fragen arbeitet. |