Kommentar
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Was beim Verfassen eines Kommentars helfen könnte...
Der Kommentar "ist" eine Erörterung
- Der Kommentar erfordert die selben Vorarbeiten wie eine Erörterung - sie müssen unter Umständen sogar noch umfangreicher sein. Es gilt, ein Thema in mehrere Richtungen abzuwägen und Argumente in größerer Anzahl zu sammeln. Dann muss ich entscheiden: Welche Argumente sind die wichtigsten? Welche Argumentationsgänge kann ich gut ausführen? Das heißt: Obwohl ich in einem Kommentar nur bis zwei bis drei Argumente ausführen muss, muss ich das Thema wesentlich umfangreicher durchdenken.
- Der Kommentar weist ebenso wie die Erörterung eine argumentative Struktur auf. Das bedeutet im Einzelnen: (1) Es ist eine klare POSITION erkennbar, (2) auf welche sich THESEN beziehen. (3) Diesen Thesen sind ARGUMENTE zugeordnet, die auf dieser Ebene möglichst Oberbegriffe enthalten und noch wenig konkret sein soll. (4) Diese Begründungszusammenhänge werden durch konkrete BEISPIELE gestützt und erklärt.
- Der Unterschied zur Erörterung liegt vor allem darin, dass die Gliederung des Kommentars viel weniger schematisch ist. Während man die oben vorgestellte argumentative Struktur bei der Erörterung der Reihe nach durchläuft, kann der ganze Ablauf beim Kommentar auch auf den Kopf gestellt werden. Zudem ist der Kommentar oft weniger konkret: Einzelbeispiele fehlen oft.
Grundlage des Kommentars ist eine umfangreiche Information über das Thema
- Es gilt die Grundregel: Äußere dich nur zu Dingen, bei denen du dich wirklich auskennst. Alles andere gehört an den Stammtisch, nicht in den Kommentar. Damit du die Möglichkeit hast, dich fundiert zu einem Thema zu äußern, werden Kommentare in der Regel mithilfe von zur Verfügung stehenden Materialien (Texten, Bilder, Diagrammen, Statistiken) verfasst. Somit kommt der sorgfältigen Materialauswertung besondere Bedeutung zu.
- Grundsätze für die Auswertung von Material:
- Genauigkeit: Informationen aus dem Material müssen genau und unverfälscht verwertet werden. Beispiel: In einem Interview mit dem Innenminister sagt dieser aus, die meisten Einbrüche würden tagsüber verübt. Hier wäre es zu ungenau, in den eigenen Kommentar die Aussage zu übernehmen: "Die meisten Einbrüche werden tagsüber verübt." - Das könnte man streng genommen nur behaupten, wenn man sich in der Kriminalstatistik versichert hat. Die genauestmögliche Übernahme in den eigenen Text wäre: "Laut Innenminister werden die meisten Einbrüche tagsüber verübt."
- Qualität statt Quantität: Triff eine sinnvolle Auswahl - und überlege genau, was du wo in deiner Argumentation verwenden kannst (Möglichkeiten: Verwendung von Fakten zur Stützung von Argumenten; Verwendung von konkreten Beispielen; Verwendung von Zitaten zur Illustration einer These oder eines Arguments; Verwendung von Zitaten für die Einleitung oder Überleitung; Verwendung einzelner Informationen, um die Wichtigkeit des Themas zu unterstreichen; Verwendung von Informationen/Zitaten/Ergebnissen, um dagegen zu argumentieren.)
- Kein Referat: Du sollst die Informationen aus dem Material nicht einfach referieren (oder schlimmer noch abschreiben), sondern in deine Argumentation einbauen. Das bedeutet: Erst muss deine Argumentation stehen, dann baust du die konkreten Informationen aus dem Material ein!
- Eigene Wortwahl: Informationen aus dem Material müssen - ähnlich wie in der W-Seminar-Arbeit - immer in eigenen Worten formuliert werden. Dadurch kannst du beweisen, dass du die Informationen wirklich verstanden hast. Direkte Zitate stehen nur an ganz entscheidender Stelle - und nur dann, wenn die Zitate wirklich prägnant sind.
Der Kommentar ist eine journalistische Textsorte - Hinweise zur stilistischen Gestaltung
Daraus folgt:
Was du in einem Kommentar tun solltest | Was du in einem Kommentar NICHT tun solltest |
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* Eine passende Überschrift finden - Denke dabei daran: Du willst potentielle Leser mit der Überschrift überzeugen, deinen Text zu lesen. Sie darf durchaus schon auf deine Position hinweisen. (Beispiele siehe Arbeitsblatt mit den Kommentareinstiegen aus dem Zeitungsbeispiel | - |
* Einen gut durchdachten Einstieg wählen. Verschiedene Strategien zum Einstieg findest du mithilfe des Arbeitsblattes. | * Manchmal benutzen Schreiber den Einstieg, um gleich "losledern" zu können. In der Journalistik spricht man von einem "Geradeaus-Kommentar", der - ohne Abwägung und in sehr zugespitzter Form - lediglich die eigene Meinung herausstellt und andere Meinungen mitunter abqualifiziert. Das ist nicht sinnvoll. Vermeidungsstrategie: Den Einstieg ernsthaft genug formulieren. |
* Eine Position finden. Es sollte dem Leser klar werden, welche Position du zu einer Fragestellung einnimmst. | * Keine eindeutige Meinung zu einem Thema zu haben |
* Die eigene Position in differenzierter Form herausarbeiten. Du wirkst glaubwürdiger, wenn du nicht nur die Argumente ausführst, die deine eigene Position stützen, sondern auch auf die Argumente Rücksicht nimmst, die ihr widersprechen. Die kannst du dann entkräften. (Dieser Einwand ist berechtigt, wiegt aber weniger schwer im Vergleich zu... / Dagegen wirkt der Einwand, ..., wie ein Strohfeuer. / Die Überzeugungskraft wird dadurch nicht beeinträchtigt, denn ... | - |
* Stilmittel dort einsetzen, wo sie deine Argumentation stützen. Das ist vor allem an zentralen Stellen deiner Argumentation (und auch im Einstieg) der Fall. Eine denkbare Strategie wäre, einen Text erst auszuformulieren, dann die zentralen Stellen der Argumentation zu markieren, und dann dort Stilmittel zu integrieren. In Kommentaren beliebte Stilmittel sind zum Beispiel die rhetorische Frage, der Chiasmus, die Antithese, der Parallelismus. | * Mit der Verwendung von Stilmitteln übertreiben: Alliterationen wirken oft lächerlich wie im RTL-Abendprogramm ("der bärtige Bauer Bernd begegnet seiner Braut Berta"), Ellipsen zu "cool" für einen journalistischen Text; für alle Stilmittel gilt: man sollte sie sparsam und gezielt einsetzen - je öfter sie verwendet werden, desto weniger eindrücklich ist ihre Funktion. |
* Eine sehr reduzierte, knappe Sprache wählen: Der Kommentar verzichtet auf unnötige Füllwörter (Test: Streiche aus einem Satz alles weg, was nicht notwendig ist), er verzichtet weitgehend auf Nebensätze, und er benennt Dinge konkret. | * Komplexe Satzgefüge * Umgangssprache - der Kommentar ist eine Textsorte, die - mit Ausnahme von ein oder zwei Vokabeln - keine gesprochensprachlichen Merkmale aufweisen sollte! * "Man-Stil" - verzichte in der Argumentation darauf, Thesen oder Argumente mit "man"-Aussagen zu begründen ("Man mag es nicht, wenn..."). Vermeidungsstrategie: Formuliere immer konkret ("Die meisten Menschen mögen es nicht...") |
Beispiel: Heribert Prantl (SZ) zum Armutsbericht der Bundesregierung - [1]
- Die überwiegende Zahl der Sätze hat keine Nebensätze!
- Es sind keine gesprochensprachlichen Elemente enthalten - lediglich die Vokabel "kapieren" würde man in einem wissenschaftlichen Text oder einer Erörterung so nicht finden.
- Es ist wohl kein einziges "Füllwort" vorhanden, das man problemlos wegstreichen könnte.
Das bestätigt sich auch im Beispiel: Anno Hecker (FAZ) zur Dopingbekämpfung - [2] (Die Mehrheit der Sätze hat keine Nebensätze! Es sind keine gesprochensprachlichen Elemente enthalten - lediglich die Vokabeln "rankommen" und evtl. "Pillenschlucken" würde man als gesprochensprachlich durchgehen lassen.)
Wichtig: Der Kommentar ist kein Freibrief, so zu schreiben, "wie mir der Schnabel gewachsen ist." Im Gegenteil: Im Kommentar ist noch mehr Planung erforderlich als bei allen anderen bisher einstudierten Textsorten. Die sorgfältige stilistische Ausarbeitung ist dann das Sahnehäubchen des Kommentars!