V Kehlmann
Vorschlag einer Gliederung
A. Humboldts Erkenntnisdrang als Triebfeder der „Vermessung der Welt“
B. Extremsituation und Erkenntnisdrang im Textausschnitt
1. Wendepunkt und Abstieg
2. Ankunft an der Schlucht (Z. ..-..)
a. Hinweise auf körperlichen Zustand der Partner
b. Entscheidung für den Abstieg
3. Höhenmessung – Erfolg oder Misserfolg? (Z. ..-..)
a. Unmöglichkeit der Diskussion über den Erfolg der Mission
b. Desolater körperlichen Zustand
4. Abstieg (Z. ..-..)
a. Weitere Indizien für Extremsituation
b. Problematisches Verhältnis Humboldt-Bonpland
5. Rückkunft ins Lager und Verfassen der Briefe (Z. ..-..)
6. Zwischenfazit: Extremsituation und Drang nach Erkenntnis
C. Vergleich der Darstellung in Goethes „Faust“
1. Drang nach Erkenntnis führt zum Teufelspakt (Faust)
a. Erkenntnisdrang führt zum Teufelspakt
b. Verhängnis durch den Teufelspakt
2. Drang nach Erkenntnis führt zur Selbstgefährdung (Humboldt)
a. Erkenntnisdrang führt in Extremsituation
b. Rettung durch rechtzeitige Umkehr
3. Der Drang nach Erkenntnis und Extremsituationen
a. Metaphysik vs. Geographie
b. Unumkehrbarkeit vs. Umkehrbarkeit
c. Quasi-Göttliches Wissen vs. Gipfel des menschlichen Wissens
D. Endergebnis: Ein klassisches Motiv der Menschheit als zeitgenössischer Erzählstoff
Möglichkeit der Gestaltung eines Vergleichsteils
(C.) (1.) Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist der Erkenntnisdrang Humboldts die erzählerische Triebfeder des Kehlmann-Romans. Ein solches Thema legt natürlich den Vergleich zu Goethes Faust nahe. Nicht zuletzt aufgrund der zeitlosen Gestaltung durch Goethe spricht man heute vom „faustischen Drang“, um das Streben eines Menschen nach neuer, oft absoluter Erkenntnis zu charakterisieren. Der Wissenschaftler Heinrich Faust sucht nach dem, was „die Welt im Innersten zusammenhält“, und ist verzweifelt, weil er erkennen muss, dass seine Fähigkeit zur Erkenntnis mit herkömmlichen Mitteln begrenzt ist. Mithilfe der Magie kann er in neue Sphären vorstoßen. Mephisto – der Teufel persönlich – verspricht ihm in einem Pakt unermessliches Wissen, wenn Faust ihm dafür seine Seele verkauft. Faust ist so fasziniert von der Möglichkeit, dass er in den Pakt einwilligt. Der Teufelspakt ist für ihn das Vehikel, um zur absoluten Erkenntnis zu gelangen. Als er sich in Gretchen ehrlich verliebt, wird unter dem Einfluss Mephistos daraus ein Verhängnis. Faust ist nicht mehr in der Lage, den einmal geschlossenen Pakt zu lösen.
(2.) Das Erkenntnisstreben bringt Humboldt und Bonpland durch Selbstgefährdung in eine problematische Situation. Gerade das, was am Ende des Ausschnitts greifbar wird – dass Humboldt nämlich wie berauscht vom Erfolg erst Mitteilungen nach Europa sendet, bevor er zur Ruhe kommt – symbolisiert seine Sucht nach neuer Erkenntnis und auch danach, so weit zu gehen wie noch kein anderer Mensch zuvor. Angetrieben von dieser Sucht kommen die beiden Männer in eine Extremsituation, in der sich beide mit dem eigenen Tod konfrontieren müssen. Vieles an dieser Motivik ist der Umsetzung in Goethes Faust verwandt. Der Drang nach Erkenntnis macht blind und selbstvergessen und verfügt über das Potential, die von ihm Besessenen ins Unheil zu führen. Der entscheidende Unterschied zum Faust liegt darin, dass dieser keine Möglichkeit mehr zur Umkehr hat. Humboldt und Bonpland haben diese – allerdings nur, weil es dem Deutschen möglich ist, auf dem Weg zum Gipfel an einer tiefen Schlucht seinen Verstand über den Erkenntnisdrang siegen zu lassen, selbst unter dem Eindruck extremer geistiger und körperlicher Erschöpfung. Dass der Erkenntnisdrang Humboldts nicht in der Katastrophe endet, wie es in Faust (bzw. Faust I) der Fall ist, kann also auch als ein haarscharfer und vom Glück begünstigter Sieg der Vernunft über den Trieb gedeutet werden.
(3.) Der Drang nach neuer Erkenntnis führt Faust und Humboldt in Extremsituationen. Direkt vergleichbar sind beide Situationen jedoch nicht. Während Goethe den Faust in die Metaphysik überstellt, lässt Kehlmann den Humboldt dort wirken, wo er tatsächlich gewesen ist. Beiden Werken gemein ist jedoch, dass letztlich der Erkenntnisdrang die Triebfeder der Handlung darstellt. Während Faust durch den Pakt einen endgültigen Entschluss fasst, können Humboldt und Bonpland in einer Extremsituation gerade noch die Notbremse ziehen. Humboldt gibt sich damit zufrieden, mehr zu wissen als alle anderen Menschen bislang wussten – schließlich geht er höher als je ein Mensch zuvor -, Faust will nicht nur mehr wissen als alle anderen Menschen, er will ein quasi-göttliches Wissen für sich erwerben.
Von der Stoffsammlung zum Aufsatz
Folgende Faktoren spielen bei der Planung des Klausuraufsatzes eine Rolle:
- Ergebnisse der Stoffsammlung
- Allgemeine Charakteristika der Schreibform (Erzähltextanalyse, Dramenanalyse, …)
- Spezifische Bedingungen der konkreten Aufgabe.
Was bedeutet das im konkreten Fall, wenn Sie die Aufgabenstellung lesen?
- Ergebnisse der Stoffsammlung: Richten Sie sich nach den gemachten und festgehaltenen Beobachtungen, die Sie für besonders wichtig halten. Nicht jede Beobachtung muss in den Text.
- Allgemeine Charakteristika: Für jede Textsorte gibt es anerkannte Analysekriterien. Für eine Erzähltextanalyse ist der Aufbau der Textstelle besonders wichtig, die Erzähltechnik, die Wirkung des Stils, der Verlauf usw. Sie müssen zudem entscheiden, ob Sie Ihren Aufsatz aspektorientiert oder linear gliedern wollen. Eine aspektorientierte Gliederung handelt Erzählergestaltung, sprachliche Gestaltung, formale Gestaltung und Inhalt und Aufbau nacheinander und getrennt voneinander ab. Eine lineare Gliederung orientiert sich an Sinnabschnitten und integriert die Befunde der Stoffsammlung in die einzelnen Sinnabschnitte.
- Spezifische Bedingungen: Im vorliegenden Fall soll vor allem die Auswirkung der Extremsituation thematisiert werden, im zweiten Teil geht es um die Thematisierung des Erkenntnisdrangs.