Gelungene Beispiele: Unterschied zwischen den Versionen
(→Szenen-/Gesprächsanalyse) |
(→Szenen-/Gesprächsanalyse) |
||
Zeile 8: | Zeile 8: | ||
= Szenen-/Gesprächsanalyse = | = Szenen-/Gesprächsanalyse = | ||
− | + | Die vorliegende zu analysierende Szene Straße I lässt sich nach der Hexenküche einordnen. In dieser führt Mephisto Faust in seine übernatürliche WElt und verabreicht ihm einen Trunk, der Faust verjüngt und als Liebestrank wirken soll. Aufgrund dessen sieht Faust in Straße I Helena in Margarete (Gretchen). | |
− | + | Der verzauberte Faust ist von deren Schönheit so angetan, dass er sie auf charmante Art anspricht und damit den kurzen nun folgenden Dialog initiiert: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Durch die darauf folgende Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken, das Angebot Fausts ausschlägt, obwohl sie sich selbst als "weder adelig" noch als "schön" betitelt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog. | |
Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr. | Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr. | ||
− | Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand eines Imperativs auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: | + | Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand eines Imperativs auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus, Gretchen zu "besitzen", wodurch er Gretchen zum Objekt seiner Begierde macht. Hier spricht die Wirkung des Liebestrankes aus Faust. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: ,,Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.) Faust reagiert äußerst ungehalten auf die Antwort Mephistos. Gesteuert von seinen Trieben droht er nun Faust, den Pakt aufzukündigen, wenn er ihm die ,,Dirne" nicht beschaffen kann: |
− | Faust | + |
Version vom 2. Dezember 2014, 21:26 Uhr
Einleitungsgedanken
Die Weimarer Klassik befasst sich mit den Idealen ,,stille Einfalt" und ,,edle Größe". Gemäß diesen soll der ideale Mensch in sich ruhend (vgl. Winckelmann) und in der Lage sein, das Gute, Wahre und Schöne zu erkennen und anzuwenden. Aber was ist gut, wahr und schön? Die Szene "Vor dem Tor" geht zunächst auf das Handeln Fausts in der Vergangenheit ein, als er Pestkranke mit Medikamenten versorgte. Eine gute Tat? Viele starben nach der Einnahme des Medikamentes. Der Umgang Fausts mit dieser Situation und seine innere Zerrissenheit wird in der Szene aufgezeigt.
Szenen-/Gesprächsanalyse
Die vorliegende zu analysierende Szene Straße I lässt sich nach der Hexenküche einordnen. In dieser führt Mephisto Faust in seine übernatürliche WElt und verabreicht ihm einen Trunk, der Faust verjüngt und als Liebestrank wirken soll. Aufgrund dessen sieht Faust in Straße I Helena in Margarete (Gretchen). Der verzauberte Faust ist von deren Schönheit so angetan, dass er sie auf charmante Art anspricht und damit den kurzen nun folgenden Dialog initiiert: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Durch die darauf folgende Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken, das Angebot Fausts ausschlägt, obwohl sie sich selbst als "weder adelig" noch als "schön" betitelt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog.
Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.
Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand eines Imperativs auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus, Gretchen zu "besitzen", wodurch er Gretchen zum Objekt seiner Begierde macht. Hier spricht die Wirkung des Liebestrankes aus Faust. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: ,,Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.) Faust reagiert äußerst ungehalten auf die Antwort Mephistos. Gesteuert von seinen Trieben droht er nun Faust, den Pakt aufzukündigen, wenn er ihm die ,,Dirne" nicht beschaffen kann: