Literarische Erörterung - Beispielausführung: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 12. November 2010, 20:29 Uhr

Übung 1

Autorin: Eva Herold

Literarische Erörterung
„Soldatenmensch“- Trifft Charlottes Aussage über ihre Schwester zu?
Teilausführung

Das Drama „Die Soldaten“ von Jakob Michael Reinhold Lenz spielt im Französischen Flandern während des18. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit waren die gesellschaftlichen Grenzen zwischen Militär, Bürgertum und Adel stark ausgeprägt, und auch das Drama lässt sich in drei Handlungsstränge, die sich jeweils auf eine der Gruppierungen beziehen, untergliedern.

Das Bürgertum wird von der Familie des Galanteriehändlers Wesener vertreten. Die Hauptperson in diesem Handlungsstrang ist Marie, eine der beiden Töchter, die im Verlauf des Dramas einen gesellschaftlichen Aufstieg und darauffolgenden Fall erlebt.

Anfangs ist sie glücklich mit einem Tuchhändler verlobt, aber sie lässt sich dennoch auf das Verführungsspiel von Desportes, einem Edelmann in französischen Diensten, ein. Nachdem dieser von einem Tag auf den anderen verschwindet, pflegt Marie noch weitere Beziehungen zu anderen Männern, bis sich eine Gräfin bereit erklärt, sie bei sich aufzunehmen, um ihren Ruf wieder herzustellen. Doch dieses Angebot scheitert an Maries Ungehorsam. Sie begibt sich auf die Suche nach Desportes, trifft unterwegs jedoch ihren Vater, mit dem sie sich schließlich wieder versöhnt.

Die andere Tochter Weseners, Charlotte, spielt im Drama eine untergeordnete Rolle. Sie ist zwar intelligenter als ihre Schwester, beneidet diese jedoch, da sie der Liebling des Vaters und wegen ihrer Schönheit bei den Männern so beliebt ist.

In einem Streitgespräch wird Marie von ihrer Schwester Charlotte als „Soldatenmensch“ bezeichnet. Mit diesem Schimpfwort beschuldigt sie Marie, leichtfertigen Umgang mit den Soldaten zu pflegen; das Wort ist fast ein Synonym für „Soldatenhure“.

In dem Drama wird die Frage nicht eindeutig geklärt, ob Charlottes Aussage zutrifft.

Auf der einen Seite setzt Marie ihren guten Ruf dadurch aufs Spiel, dass sie die Konventionen der bürgerlichen Gesellschaft durchbricht.

Maries Denk- und Verhaltensweisen beeinträchtigen ihre Ehre in den Augen ihrer Mitmenschen erheblich.

Obwohl Marie glücklich mit Stolzius verlobt ist, lässt sie sich auf das Verführungsspiel von Desportes ein. In den damaligen Verhältnissen galt die Verlobung schon fast soviel wie ein Heiratsversprechen, das vor einem Partnerwechsel erst offiziell gelöst werden musste. Doch darum kümmert Marie sich nicht weiter, sie verabredet sich gegen den Willen ihres Vaters mit Desportes, und besucht eine Komödie: „Ich kann’s ihm nicht verhehlen, ich bin in der Komödie gewesen. Was das für Dings ist.“ (S.14)

In einer späteren Szene erhält Marie bei sich zu Hause Besuch von Desportes, als sie gerade dabei ist, einen Brief an Stolzius zu schreiben. Auch hier verhalten sich die beiden wie Frischverliebte: „[Regieanweisung:] Er kommt näher, sie droht ihm mit der Feder, endlich steckt sie das Blatt in die Tasche, er will sie daran verhindern, sie ringen zusammen, Marie kützelt ihn, er macht ein erbärmliches Geschrei, ...“ (S.25).

Marie verhält sich dagegen gegenüber Stolzius, ihrem Verlobten, berechnend. Sie setzt die Verlobung aufs Spiel, weil sie sich von der Beziehung mit Desportes einen Aufstieg in höhere Kreise verhofft. Dennoch weist sie Stolzius sicherheitshalber nicht gänzlich ab und pflegt den Kontakt weiterhin, da es noch nicht klar ist, ob Desportes ernsthaft eine Heirat mit ihr wünscht. Sie handelt ganz nach dem Ratschlag ihres Vaters: „Du musst darum den Stolzius nicht so gleich abschrecken“. Sie handelt aber auch gegen ihre Gefühle: „ ... Stolzius- ich lieb dich ja noch- aber wenn ich nun mein Glück besser machen kann ...“(S.17).

Eine andere Charakterschwäche besteht darin, dass Marie auch nach Desportes Verschwinden Beziehungen zu mehreren Männern pflegt. Sie verabredet sich öfters mit Mary, einem Offizier, der mit Desportes befreundet ist, und sich schwer in sie verliebt hat: „Soll ich dir aufrichtig sagen, Stolzius, wenn der Desportes das Mädchen nicht heuratet, so heurate ich’s.“ (S.43). Sie findet dabei gleichzeitig Gefallen am Sohn des Grafen, der ihr auch zugeneigt ist. Dies wird vor allem aus einem Gespräch zwischen Desportes und Mary ersichtlich: „Mary: Nun stell dir vor, zu allem Unglück muss den Tag der Graf hinkommen, ... Sie tat wie unsinnig mit ihm, ob nun mich zu schagrinieren, oder weil solche Mädchens gleich nicht wissen, woran sie sind, wenn ein Herr von hohem Stand sich herabläßt, Ihnen ein freundlich Gesicht zu weisen.“ (S.53)

Marie schädigt ihren guten Ruf insbesondere dadurch, dass sie sich, obwohl sie sich auf das Angebot der Gräfin eingelassen hat, heimlich mit Mary trifft, und dadurch das Vertrauen der Gräfin missbraucht. Daraufhin gibt diese ihren Versuch auf, die Ehre Maries wieder herzustellen, und schickt sie fort: „So, Marie! Ihr gebt euch ein Rendezvous? [...] Ich verzeihe es dir niemals, wenn du wider dein eigen Glück handelst. Geh.“ (S.46)

Ihr Aufstiegsdenken lässt Marie auch herablassend gegen ihren eigenen Stand werden. Sie pflegt die Kontakte zu ihren bisherigen Bekannten nicht mehr, da sie sich durch ihre Beziehung zu Desportes für etwas Besseres hält. Gegenüber ihrer Freundin Zipfersaat verhält sie sich unverschämt, indem sie Späße auf deren Kosten treibt. Wahrscheinlich soll ihr Verhalten auch dazu dienen, sich vor Desportes, der ebenfalls anwesend ist, hervorzuheben: „Marie: Jetzt können Sie Ihre Liebesdeklaration machen. (Läuft ab, die Kammertür hinter sich zuschlagend. Jungfer Zipfersaat ganz verlegen tritt ans Fenster. Desportes, der sie verächtlich angesehen, paßt auf Marien, die von Zeit zu Zeit die Kammertür ein wenig öffnet.)“ (S. 26)

Maries gesamtes Verhalten orientiert sich nicht mehr an den bürgerlichen Konventionen, wodurch sie das Missfallen ihrer Mitmenschen erregt.

Stolzius‘ Mutter hat von Marie dieselbe schlechte Meinung, wie Charlotte. Sie wollte von Anfang an ihren Sohn nicht an eine andere Frau verlieren, und hatte dadurch schon immer an eine Abneigung gegen Marie (vgl. S.6). Doch Maries Bruch des Verlobungsversprechens hat den schlechten Eindruck noch vertieft. Sie bezeichnet Marie im Gespräch mit ihrem Sohn als „Soldatenhure“, „Luder“ und „Metze“ (S.28/29).

Anfangs, bevor sich Maries Vater Vorteile von einer Beziehung zwischen Marie und Desportes erhofft, sieht auch er Maries Verhalten als liederlich an. Er hat Angst, dass Marie in das Gerede der Nachbarn kommen könnte: „Meine Tochter ist nicht gewöhnt, in die Komödie zu gehen, das würde nur Gerede bei den Nachbarn geben, und mit einem jungen Herrn von den Milizen dazu.“ ( S.8). Aus der Sicht der Soldaten, ist ohnehin jedes Mädchen, das sich mit ihnen einlässt, eine Hure. Auch von dieser Seite aus trifft Charlottes Bezeichnung also zu. Die Einstellung der Soldaten zu Frauen wird vor allem aus ihren Gesprächen untereinander deutlich: „Haudy: Eine Hure wird immer eine Hure, sie gerate unter welche Hände sie will, ...“( S12), „Desportes: ... Kann ich dafür, dass sie so eine wird. Sie hat’s ja nicht besser haben wollen.“ (S.50).


Quelle: Eckehart Weiß, Die literarische Erörterung - Beispiel mit Hinweisen, aus: www.deutsch.digital.de

Aufgabe 1 Textarbeit

1. Fassen Sie am Rand die einzelnen inhaltlichen Abschnitte zusammen. Versuchen Sie dabei gleichzeitig, den Aufsatz zu gliedern und entsprechende Oberpunkte anhand der inhaltlichen Ausführungen zu verfassen.

2. Untersuchen Sie an einer Textpassage den Aufbau der einzelnen Argumente. Was fällt Ihnen im Allgemeinen auf?

3. Mit welchen sprachlichen Mitteln arbeitet der Aufsatz?


Aufgabe 2 Gliederung

Erstellen Sie nun aus den besprochenen Angaben eine passende Gliederung.


Übung 2

Aufgabe 1

Lesen Sie sich zunächst das folgende Beispiel durch.

a) Hat der Schüler den Aufbau des Argumentes eingehalten?

b) Hat der Schüler sinnvoll argumentiert?

Professor Raat erfährt mit fortschreitender Handlung einen Wandel in seinem Wertesystem. Dabei wird ihm das Verhalten seiner Schüler egal. Er richtet seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge. Dies zeigt sich insbesondere in seinem unstetigen Unterricht, in dem er seine Schüler vollkommen ignoriert. Er ist unkonzentriert und verteilt wahllos Strafen oder sieht über andere Dinge hinweg. Dies verdeutlicht sein verändertes Verhalten gegenüber der Klasse: "Einen, den er sonst leidenschaftlich nachzustellen pflegte, ließ er zehn Minuten lang die falsche Übersetzung liefern. Einem anderen fiel er Gift spritzend ins erste Wort." (S. 108) Sowohl die Ereignisse im blauen Engel und sein Verhältnis beschäftigen ihn, als auch seine Sorge um seinen Ruf. Er ist mit seinen Gedanken woanders und das Verhalten der Schüler wird ihm egal.


Aufgabe 2

Verbessern Sie zunächst in der Gruppe das Argument. Notieren Sie Ihr Ergebnis auf Folie. Anschließend werden die Ergebnisse verbessert und gemeinsam diskutiert.


Aufgabe 3

Führen Sie nun eigenständig ein Argument Ihrer Wahl aus.