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(Szenen-/Gesprächsanalyse)
 
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Die Weimarer Klassik befasst sich mit den Idealen ,,stille Einfalt" und ,,edle Größe". Gemäß diesen soll der ideale Mensch in sich ruhend (vgl. Winckelmann) und in der Lage sein, das Gute, Wahre und Schöne zu erkennen und anzuwenden. Aber was ist gut, wahr und schön?
 
Die Weimarer Klassik befasst sich mit den Idealen ,,stille Einfalt" und ,,edle Größe". Gemäß diesen soll der ideale Mensch in sich ruhend (vgl. Winckelmann) und in der Lage sein, das Gute, Wahre und Schöne zu erkennen und anzuwenden. Aber was ist gut, wahr und schön?
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= Szenen-/Gesprächsanalyse =
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= Szenen-/Gesprächsanalyse (Schülerbeispiele) - Übungsaufsatz =
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[[Datei:Hinweise zur Klausur.pdf|thumb|Hinweise zur Klausur - Schülerbeispiel]]
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;Einordnung in den Kontext
  
Dort stößt der verzauberte Faust auf Margarete, von deren Schönheit er so angetan ist, dass er sie auf charmante Art anspricht: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Durch die darauf folgende Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken, das Angebot Fausts ausschlägt, obwohl sie sich selbst als "weder adelig" noch als "schön" betitelt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog.
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Die vorliegende zu analysierende Szene Straße I lässt sich nach der Hexenküche einordnen. In dieser führt Mephisto Faust in seine übernatürliche Welt und verabreicht ihm einen Trunk, der Faust verjüngt und als Liebestrank wirken soll. Aufgrund dessen sieht Faust in Straße I Helena, die er zuvor in der Hexenküche schattenhaft in einem Spiegel erblickt hat, in Margarete (Gretchen).
  
Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.
 
  
Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand eines Imperativs auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: "Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.)
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;Analyse der Gesprächsführung unter besonderer Berücksichtigung der dramaturgischen und sprachlichen Mittel
Faust kommt hier erneut auf den Pakt mit Mephisto zurück, der dem Wissenschaftler für einen Moment vollkommene Zufriedenheit bringen soll. Durch Mephistos Zauberkünste erhofft sich Faust, seiner Angebeteten näher zu kommen.
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Die Szene setzt unmittelbar mit dem Auftreten Fausts und seiner zufälligen Begegnung mit Gretchen ein. Der verzauberte Faust ist von deren Schönheit so angetan, dass er sie auf charmante Art anspricht und damit den kurzen nun folgenden Dialog initiiert: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Gretchen lehnt Fausts Anliegen deutlich ab: ,,Bin weder adelig, noch schön, kann ungeleit nach Hause gehn." (V. 2607 f.) Durch die Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken und gemäß des üblichen Verhaltensmusters, das Angebot Fausts ausschlägt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog. Sie macht sich, wie die Regieanweisung zeigt, von ihm los und geht.
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Durch die schnelle und ablehnende Antwort Margaretes wird deutlich, dass sie in diesem Moment die dominante Rolle im Gespräch übernimmt, obgleich der Gesprächsanteil der beiden Protagonisten einen ausgeglichenen Gesprächsanteil besitzen.
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Trotz der Zurückweisung durch Margarete verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive sowie Ausrufe (,,Beim Himmel, dieses Kind ist schön!", V. 2609) und Vergleiche (,,Wie sie die Augen niederschlägt [...] wie sie kurz angebunden war [...]", V.2615 ff.) bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete (,,Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite ,,schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.
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Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten (vgl. Regieanweisung) unterbrochen. Faust fordert ihn unvermittelt mit einem Imperativ auf, ihm ,,die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus, Gretchen zu "besitzen", wodurch er Gretchen zum Objekt seiner Begierde macht. Hier spricht die Wirkung des Liebestrankes aus Faust. Mephisto möchte ihm zunächst auch dienlich sein und erkundigt sich in einer Frage, welches Mädchen Faust meine. (vgl. V. 2620) Als er erkennt, dass es sich hierbei um Margarete handelt, muss Mephisto zugeben, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: ,,Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.) Dies zeigt Mephistos Begrenztheit. Er hat keine Gewalt über Gretchen. In einem parataktischen Satzbau schildert er den vorzüglichen Charakter Margaretes. Dies wird insbesondere in der Antithese zwischen Mephisto als Teufel und dem frömmigen, christlichen Verhalten Gretchens deutlich, die ,,für nichts zur Beichte ging" (V.2625).
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Doch dies akzeptiert Faust nicht. Im Gegenteil: Faust ist sogar bereit dafür das Gesetz zu übergehen. (,,Ist über vierzehn Jahr doch alt.", V.2627) Mephisto hält ihm in einem Vergleich seine ,,Begierde" entgegen (,,Du sprichst ja wie Hans Liederlich, der begehrt jede liebe Blum für sich", V. 2678 f.) und verweist darauf, dass Faust nicht jedes Mädchen haben kann (,,Geht aber doch nicht immer an", V. 2632). Faust reagiert äußerst ungehalten auf die Antwort Mephistos. Gesteuert von seinen Trieben droht er nun Faust, den Pakt aufzukündigen, wenn er ihm die ,,Dirne" nicht beschaffen kann und setzt Mephisto damit unter Druck: ,,Wenn nicht das süße junge Blut heut Nacht in meinen Armen ruht, so sind wir um Mitternacht geschieden" (V. 2637 ff.). Mit dieser Aussage gelingt es Faust, Mephisto zur Ausführung seines Wunsches zu drängen. Denn der Grundgedanke der Wette steht kontinuierlich im Raum und hat für Mephisto insofern Priorität, als er diese gewinnen möchte, indem er Faust zu einem höchsten Moment seines irdischen Daseins und zu einem Moment der innerlichen Erfüllung verhilft. In diesem Dilemma, einerseits den Befehl erfüllen zu wollen, andererseits jedoch auf der Stelle nicht dazu in der Lage zu sein, versucht Mephisto zuerst, Zeit zu gewinnen: ,,Bedenkt, was gehn und stehen mag! Ich brauche wenigstens vierzehn Tag`, nur die Gelegenheit auszuspüren." (V. 2639 ff.) Faust ,,verspöttelt" Mephistopheles angesichts dessen Ausweichversuchen, indem er dessen Antwort konterkariert, indem er ihm nicht nur vorhält, weniger Zeit zu benötigen, das ,,Geschöpfchen" (Diminutiv) zu verführen, sondern dafür auch nichts tun muss: ,,Hätt ich nur sieben Stunden Ruh, brauchte den Teufel nicht dazu, so ein Geschöpfchen zu verführen." (V. 2642 f.) Die Reaktion Mephistos fällt erneut recht zurückhaltend aus. Er verdeutlicht, dass er jetzt ,,ohne Schimpf und ohne Spaß" (V. 2654) spricht, um Fausts Aufmerksamkeit und sein Verständnis zu gewinnen. Gleichzeitig wird hier eine etwas unterwürfige Haltung deutlich, denn Mephisto spricht Faust nun immer mit "sie" an. Um Margarete gewinnen zu können, müsse man zu einer List greifen. Dagegen hat Faust direkt nichts einzuwenden, vielmehr lässt er durch gehäufte Imperative im befehlenden Ton seine ungewöhnliche Dominanz über Mephisto deutlich werden: ,,Schaff mir etwas vom Engelsschatz! Führ mich an ihren Ruheplatz!" (V. 2659 f.) Hier zeigt sich erneut die Ungeduld Fausts. Dies lässt zudem auch auf das Machtverhältnis zwischen beiden schließen. Faust ist sich bewusst, dass er sich angesichts der Wette zwischen den Beiden in einer besseren Ausgangssituation befindet. Gleichzeitig zeigt sich hier die Geschicktheit und Tücke Mephistos, der mit Faust zu spielen versteht, indem er ihm nun signalisiert, ihm nützlich bzw. dienlich zu sein: ,,Will förderlich und dienstlich sein, [...] will euch noch heut in ihr Zimmer führen." (V. 2664 ff.) Auch hier zeigt sich anhand der gehäuften Fragen und der Elipse, wie sehr Faust von seinen Gefühlen gelenkt wird: ,,Und soll sie sehen? soll sie haben?" (V. 2667) Mephistopheles hebt hervor, dass die Zeit für die persönliche Begegnung zwischen den Beiden noch nicht gekommen sei. Vielmehr könne sich Faust die ,,Hoffnung künft´ger Freuden" vor Augen führen, die Mephisto ihm prophezeit, indem er ihm verspricht, ihn in ihren ,,Dunstkreis" (ihr Zimmer) zu führen, damit sich Faust ein Bild von ihrer Wirkungsstätte verschaffen kann. Erneut zeigt sich die Ungeduld bei Faust in der Frage ,,Können wir hin?". So bleibt ihm nur, zu warten. Bevor Faust aber abgeht (vgl. Regieanweisung), befiehlt er Mephisto noch, ihm ein Geschenk zu besorgen.
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Der Imperativ leitet zum Ausgangsmonolog Mephistopheles über, mit dem die vorliegende Szene endet. Mephistopheles ist sehr angetan von dem Gedanken, dass Faust Gretchen etwas schenken möchte. Er glaubt, dass Faust damit die Gretchens Gunst gewinnen kann. Dies ist ihm nur recht und billig, denn mit dem Erfolg Fausts kommt Mephisto seinem Ziel, die Wette zwischen den beiden zu gewinnen, näher. So geht er schließlich ab, um für Gretchen ein Geschenk (einen Schatz) zu besorgen.
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Insgesamt zeigt sich im Dialog zwischen Mephistopheles und Faust, in dem Mephisto einen etwas größeren Redeanteil besitzt, dass Faust Mephisto mit der Wette zwischen beiden unter Druck setzen kann. Zudem wirkt er sehr dominant, u.a. auch aufgrund seiner Leidenschaftlichkeit und Ungezügeltheit. Dennoch ist Mephisto ihm ebenbürtig, denn er weiß, wie er Faust um den Finger wickeln und geschickt lenken kann. So schafft er es, sich am Ende aus seiner misslichen Position zu befreien und erreicht sein Ziel, Faust von der Aufkündigung des Paktes abzuhalten.
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;Charakterisierung der Beziehung der Personen untereinander
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;a) Gretchen und Faust
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Gretchen ist ein junges, hübsches Mädchen (vgl. V. 2605), das sehr wohl erzogen und fromm ist. Als sie Faust zum ersten Mal begegnet und er ihr anbietet, sie nach Hause geleiten zu dürfen, lehnt sie dies den damals üblichen Sitten gemäß drastisch ab. Dies zeigt gleichzeitig, dass sie sehr selbstbewusst gegenüber Faust auftritt. So ist die erste Begegnung mit ihm von Distanziertheit und Abneigung ihrerseits gekennzeichnet. Dies triff allerdings nicht auf Faust zu. Dieser ist ,,Feuer und Flamme" und entzückt von Gretchen. Hier zeigt sich die Wirkung des Liebestrankes. Vielmehr lässt er sich nicht von der Ablehnung Gretchens beirren. Vielmehr zeiht er noch positive Schlüsse daraus, indem er ihr dies zugute schreibt (,,sitt- und tugendreich"). Gleichzeitig zeigt sich im Verlauf seine ,,sexuelle Begierde", denn er trägt Mephisto wiederholt auf, ihm das Mädchen ,,zu beschaffen". Damit macht er Gretchen zum ,,Objekt seiner Begierde", von dem er nicht lassen will.
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;b) Faust und Mephisto
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So gerät Faust im Verlauf der Szene mit Mephisto in einen Konflikt. Mephisto, der keine Macht über Gretchen angesichts ihrer Frömmigkeit besitzt und dessen Beschränktheit sich damit zeigt, sieht sich angesichts der Begierde Fausts von ihm unter Druck gesetzt. Denn Faust ist bereit, die Wette zwischen beiden im Falle eines Misslingens aufzukündigen. Dies bringt Mephisto in Erklärungsnöte. Verschafft Mephistopheles Faust keinen Moment der inneren Ruhe und Zufriedenheit, hat er die Wette verloren. So übt Faust stetig Druck auf ihn aus. Doch Mephisto weiß, sich zu wehren und vermag ihn geschickt im Gespräch zu lenken. U.a., indem er sich unterwürfig gegenüber Faust zeigt. So entsteht zwischen den beiden ein wechselseitiges Machtspiel, aus dem keiner als wirklicher Verlierer hervorgeht. Denn am Ende kann sich Faust dank seiner Hartnäckigkeit durchsetzen, obgleich er Gretchen nicht sofort ,,besitzen" kann. Auf der anderen Seite schafft es Mephistopheles, Faust davon abzuhalten, die Wette aufzukündigen. Am Ende hofft er sogar, die Wette gewinnen zu können, indem er Faust dienlich ist, sich Gretchen zu nähern.

Aktuelle Version vom 8. Dezember 2014, 19:18 Uhr

Mögliche Einleitungsgedanken / Schülerbeispiele

Die Weimarer Klassik befasst sich mit den Idealen ,,stille Einfalt" und ,,edle Größe". Gemäß diesen soll der ideale Mensch in sich ruhend (vgl. Winckelmann) und in der Lage sein, das Gute, Wahre und Schöne zu erkennen und anzuwenden. Aber was ist gut, wahr und schön? Die Szene "Vor dem Tor" geht zunächst auf das Handeln Fausts in der Vergangenheit ein, als er Pestkranke mit Medikamenten versorgte. Eine gute Tat? Viele starben nach der Einnahme des Medikamentes. Der Umgang Fausts mit dieser Situation und seine innere Zerrissenheit wird in der Szene aufgezeigt.


Szenen-/Gesprächsanalyse (Schülerbeispiele) - Übungsaufsatz

Hinweise zur Klausur - Schülerbeispiel
Einordnung in den Kontext

Die vorliegende zu analysierende Szene Straße I lässt sich nach der Hexenküche einordnen. In dieser führt Mephisto Faust in seine übernatürliche Welt und verabreicht ihm einen Trunk, der Faust verjüngt und als Liebestrank wirken soll. Aufgrund dessen sieht Faust in Straße I Helena, die er zuvor in der Hexenküche schattenhaft in einem Spiegel erblickt hat, in Margarete (Gretchen).


Analyse der Gesprächsführung unter besonderer Berücksichtigung der dramaturgischen und sprachlichen Mittel

Die Szene setzt unmittelbar mit dem Auftreten Fausts und seiner zufälligen Begegnung mit Gretchen ein. Der verzauberte Faust ist von deren Schönheit so angetan, dass er sie auf charmante Art anspricht und damit den kurzen nun folgenden Dialog initiiert: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Gretchen lehnt Fausts Anliegen deutlich ab: ,,Bin weder adelig, noch schön, kann ungeleit nach Hause gehn." (V. 2607 f.) Durch die Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken und gemäß des üblichen Verhaltensmusters, das Angebot Fausts ausschlägt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog. Sie macht sich, wie die Regieanweisung zeigt, von ihm los und geht. Durch die schnelle und ablehnende Antwort Margaretes wird deutlich, dass sie in diesem Moment die dominante Rolle im Gespräch übernimmt, obgleich der Gesprächsanteil der beiden Protagonisten einen ausgeglichenen Gesprächsanteil besitzen.

Trotz der Zurückweisung durch Margarete verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive sowie Ausrufe (,,Beim Himmel, dieses Kind ist schön!", V. 2609) und Vergleiche (,,Wie sie die Augen niederschlägt [...] wie sie kurz angebunden war [...]", V.2615 ff.) bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete (,,Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite ,,schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.

Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten (vgl. Regieanweisung) unterbrochen. Faust fordert ihn unvermittelt mit einem Imperativ auf, ihm ,,die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus, Gretchen zu "besitzen", wodurch er Gretchen zum Objekt seiner Begierde macht. Hier spricht die Wirkung des Liebestrankes aus Faust. Mephisto möchte ihm zunächst auch dienlich sein und erkundigt sich in einer Frage, welches Mädchen Faust meine. (vgl. V. 2620) Als er erkennt, dass es sich hierbei um Margarete handelt, muss Mephisto zugeben, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: ,,Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.) Dies zeigt Mephistos Begrenztheit. Er hat keine Gewalt über Gretchen. In einem parataktischen Satzbau schildert er den vorzüglichen Charakter Margaretes. Dies wird insbesondere in der Antithese zwischen Mephisto als Teufel und dem frömmigen, christlichen Verhalten Gretchens deutlich, die ,,für nichts zur Beichte ging" (V.2625). Doch dies akzeptiert Faust nicht. Im Gegenteil: Faust ist sogar bereit dafür das Gesetz zu übergehen. (,,Ist über vierzehn Jahr doch alt.", V.2627) Mephisto hält ihm in einem Vergleich seine ,,Begierde" entgegen (,,Du sprichst ja wie Hans Liederlich, der begehrt jede liebe Blum für sich", V. 2678 f.) und verweist darauf, dass Faust nicht jedes Mädchen haben kann (,,Geht aber doch nicht immer an", V. 2632). Faust reagiert äußerst ungehalten auf die Antwort Mephistos. Gesteuert von seinen Trieben droht er nun Faust, den Pakt aufzukündigen, wenn er ihm die ,,Dirne" nicht beschaffen kann und setzt Mephisto damit unter Druck: ,,Wenn nicht das süße junge Blut heut Nacht in meinen Armen ruht, so sind wir um Mitternacht geschieden" (V. 2637 ff.). Mit dieser Aussage gelingt es Faust, Mephisto zur Ausführung seines Wunsches zu drängen. Denn der Grundgedanke der Wette steht kontinuierlich im Raum und hat für Mephisto insofern Priorität, als er diese gewinnen möchte, indem er Faust zu einem höchsten Moment seines irdischen Daseins und zu einem Moment der innerlichen Erfüllung verhilft. In diesem Dilemma, einerseits den Befehl erfüllen zu wollen, andererseits jedoch auf der Stelle nicht dazu in der Lage zu sein, versucht Mephisto zuerst, Zeit zu gewinnen: ,,Bedenkt, was gehn und stehen mag! Ich brauche wenigstens vierzehn Tag`, nur die Gelegenheit auszuspüren." (V. 2639 ff.) Faust ,,verspöttelt" Mephistopheles angesichts dessen Ausweichversuchen, indem er dessen Antwort konterkariert, indem er ihm nicht nur vorhält, weniger Zeit zu benötigen, das ,,Geschöpfchen" (Diminutiv) zu verführen, sondern dafür auch nichts tun muss: ,,Hätt ich nur sieben Stunden Ruh, brauchte den Teufel nicht dazu, so ein Geschöpfchen zu verführen." (V. 2642 f.) Die Reaktion Mephistos fällt erneut recht zurückhaltend aus. Er verdeutlicht, dass er jetzt ,,ohne Schimpf und ohne Spaß" (V. 2654) spricht, um Fausts Aufmerksamkeit und sein Verständnis zu gewinnen. Gleichzeitig wird hier eine etwas unterwürfige Haltung deutlich, denn Mephisto spricht Faust nun immer mit "sie" an. Um Margarete gewinnen zu können, müsse man zu einer List greifen. Dagegen hat Faust direkt nichts einzuwenden, vielmehr lässt er durch gehäufte Imperative im befehlenden Ton seine ungewöhnliche Dominanz über Mephisto deutlich werden: ,,Schaff mir etwas vom Engelsschatz! Führ mich an ihren Ruheplatz!" (V. 2659 f.) Hier zeigt sich erneut die Ungeduld Fausts. Dies lässt zudem auch auf das Machtverhältnis zwischen beiden schließen. Faust ist sich bewusst, dass er sich angesichts der Wette zwischen den Beiden in einer besseren Ausgangssituation befindet. Gleichzeitig zeigt sich hier die Geschicktheit und Tücke Mephistos, der mit Faust zu spielen versteht, indem er ihm nun signalisiert, ihm nützlich bzw. dienlich zu sein: ,,Will förderlich und dienstlich sein, [...] will euch noch heut in ihr Zimmer führen." (V. 2664 ff.) Auch hier zeigt sich anhand der gehäuften Fragen und der Elipse, wie sehr Faust von seinen Gefühlen gelenkt wird: ,,Und soll sie sehen? soll sie haben?" (V. 2667) Mephistopheles hebt hervor, dass die Zeit für die persönliche Begegnung zwischen den Beiden noch nicht gekommen sei. Vielmehr könne sich Faust die ,,Hoffnung künft´ger Freuden" vor Augen führen, die Mephisto ihm prophezeit, indem er ihm verspricht, ihn in ihren ,,Dunstkreis" (ihr Zimmer) zu führen, damit sich Faust ein Bild von ihrer Wirkungsstätte verschaffen kann. Erneut zeigt sich die Ungeduld bei Faust in der Frage ,,Können wir hin?". So bleibt ihm nur, zu warten. Bevor Faust aber abgeht (vgl. Regieanweisung), befiehlt er Mephisto noch, ihm ein Geschenk zu besorgen. Der Imperativ leitet zum Ausgangsmonolog Mephistopheles über, mit dem die vorliegende Szene endet. Mephistopheles ist sehr angetan von dem Gedanken, dass Faust Gretchen etwas schenken möchte. Er glaubt, dass Faust damit die Gretchens Gunst gewinnen kann. Dies ist ihm nur recht und billig, denn mit dem Erfolg Fausts kommt Mephisto seinem Ziel, die Wette zwischen den beiden zu gewinnen, näher. So geht er schließlich ab, um für Gretchen ein Geschenk (einen Schatz) zu besorgen. Insgesamt zeigt sich im Dialog zwischen Mephistopheles und Faust, in dem Mephisto einen etwas größeren Redeanteil besitzt, dass Faust Mephisto mit der Wette zwischen beiden unter Druck setzen kann. Zudem wirkt er sehr dominant, u.a. auch aufgrund seiner Leidenschaftlichkeit und Ungezügeltheit. Dennoch ist Mephisto ihm ebenbürtig, denn er weiß, wie er Faust um den Finger wickeln und geschickt lenken kann. So schafft er es, sich am Ende aus seiner misslichen Position zu befreien und erreicht sein Ziel, Faust von der Aufkündigung des Paktes abzuhalten.


Charakterisierung der Beziehung der Personen untereinander
a) Gretchen und Faust

Gretchen ist ein junges, hübsches Mädchen (vgl. V. 2605), das sehr wohl erzogen und fromm ist. Als sie Faust zum ersten Mal begegnet und er ihr anbietet, sie nach Hause geleiten zu dürfen, lehnt sie dies den damals üblichen Sitten gemäß drastisch ab. Dies zeigt gleichzeitig, dass sie sehr selbstbewusst gegenüber Faust auftritt. So ist die erste Begegnung mit ihm von Distanziertheit und Abneigung ihrerseits gekennzeichnet. Dies triff allerdings nicht auf Faust zu. Dieser ist ,,Feuer und Flamme" und entzückt von Gretchen. Hier zeigt sich die Wirkung des Liebestrankes. Vielmehr lässt er sich nicht von der Ablehnung Gretchens beirren. Vielmehr zeiht er noch positive Schlüsse daraus, indem er ihr dies zugute schreibt (,,sitt- und tugendreich"). Gleichzeitig zeigt sich im Verlauf seine ,,sexuelle Begierde", denn er trägt Mephisto wiederholt auf, ihm das Mädchen ,,zu beschaffen". Damit macht er Gretchen zum ,,Objekt seiner Begierde", von dem er nicht lassen will.


b) Faust und Mephisto

So gerät Faust im Verlauf der Szene mit Mephisto in einen Konflikt. Mephisto, der keine Macht über Gretchen angesichts ihrer Frömmigkeit besitzt und dessen Beschränktheit sich damit zeigt, sieht sich angesichts der Begierde Fausts von ihm unter Druck gesetzt. Denn Faust ist bereit, die Wette zwischen beiden im Falle eines Misslingens aufzukündigen. Dies bringt Mephisto in Erklärungsnöte. Verschafft Mephistopheles Faust keinen Moment der inneren Ruhe und Zufriedenheit, hat er die Wette verloren. So übt Faust stetig Druck auf ihn aus. Doch Mephisto weiß, sich zu wehren und vermag ihn geschickt im Gespräch zu lenken. U.a., indem er sich unterwürfig gegenüber Faust zeigt. So entsteht zwischen den beiden ein wechselseitiges Machtspiel, aus dem keiner als wirklicher Verlierer hervorgeht. Denn am Ende kann sich Faust dank seiner Hartnäckigkeit durchsetzen, obgleich er Gretchen nicht sofort ,,besitzen" kann. Auf der anderen Seite schafft es Mephistopheles, Faust davon abzuhalten, die Wette aufzukündigen. Am Ende hofft er sogar, die Wette gewinnen zu können, indem er Faust dienlich ist, sich Gretchen zu nähern.