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(Szenen-/Gesprächsanalyse)
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Dort stößt der verzauberte Faust auf Margarete, von deren Schönheit er so angetan ist, dass er sie auf charmante Art anspricht: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Durch die darauf folgende Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken, das Angebot Fausts ausschlägt, obwohl sie sich selbst als "weder adelig" noch als "schön" betitelt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog.
 
Dort stößt der verzauberte Faust auf Margarete, von deren Schönheit er so angetan ist, dass er sie auf charmante Art anspricht: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Durch die darauf folgende Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken, das Angebot Fausts ausschlägt, obwohl sie sich selbst als "weder adelig" noch als "schön" betitelt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog.
  
Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!" (V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.
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Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.
  
Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand einer Exklamation auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619) und drückt somit eine Dringlichkeit aus. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie hat: "Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.)
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Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand eines Imperativs auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: "Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.)
 
Faust kommt hier erneut auf den Pakt mit Mephisto zurück, der dem Wissenschaftler für einen Moment vollkommene Zufriedenheit bringen soll. Durch Mephistos Zauberkünste erhofft sich Faust, seiner Angebeteten näher zu kommen.
 
Faust kommt hier erneut auf den Pakt mit Mephisto zurück, der dem Wissenschaftler für einen Moment vollkommene Zufriedenheit bringen soll. Durch Mephistos Zauberkünste erhofft sich Faust, seiner Angebeteten näher zu kommen.

Version vom 1. Dezember 2014, 22:04 Uhr

Einleitungsgedanken

Die Weimarer Klassik befasst sich mit den Idealen ,,stille Einfalt" und ,,edle Größe". Gemäß diesen soll der ideale Mensch in sich ruhend (vgl. Winckelmann) und in der Lage sein, das Gute, Wahre und Schöne zu erkennen und anzuwenden. Aber was ist gut, wahr und schön? Die Szene "Vor dem Tor" geht zunächst auf das Handeln Fausts in der Vergangenheit ein, als er Pestkranke mit Medikamenten versorgte. Eine gute Tat? Viele starben nach der Einnahme des Medikamentes. Der Umgang Fausts mit dieser Situation und seine innere Zerrissenheit wird in der Szene aufgezeigt.


Szenen-/Gesprächsanalyse

Dort stößt der verzauberte Faust auf Margarete, von deren Schönheit er so angetan ist, dass er sie auf charmante Art anspricht: ,,Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?" (V. 2605 f.). Durch die darauf folgende Anapher und Verneinung wird ihr Selbstbewusstsein deutlich, da sie, ohne groß nachzudenken, das Angebot Fausts ausschlägt, obwohl sie sich selbst als "weder adelig" noch als "schön" betitelt. Das Desinteresse Margaretes gegenüber Faust beendet den kurzen Dialog.

Nach dem Abgang Margaretes (vgl. Regieanweisung) verfällt Faust schwärmerisch in einen melancholischen Monolog, in dem er durch Reime wie in einem Gedicht die Schönheit und die Unnahbarkeit des Fräuleins poetisch ausdrückt. Schon durch die kurze Begegnung ist er "hin und weg" von ihren "roten Lippen" und "lichten Wangen" (vgl. V. 2613). Positiv konnotierte Adjektive bekräftigen diese Schwärmerei. Faust ist völlig verzückt von Margarete ("Wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar!", V. 2617 f.) - dies zeigt die Wirkung des Trankes. So nimmt Faust die Abweisung Margaretes, die ihm hier auf der einen Seite ,,sitt- und tugendreich", auf der anderen Seite "schnippisch" erscheint, vielmehr als liebevolle Geste wahr.

Der Monolog wird nun von Mephistos Auftreten unterbrochen. Beide beginnen einen Dialog. Faust fordert ihn anhand eines Imperativs auf, ihm "die Dirne [zu] schaffen" (V. 2619), und drückt somit eine Dringlichkeit aus. Jedoch entgegnet ihm Mephisto, dass er ihm diese nicht beschaffen kann und dass er keine Gewalt über sie habe: "Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt!" (V. 2624 ff.) Faust kommt hier erneut auf den Pakt mit Mephisto zurück, der dem Wissenschaftler für einen Moment vollkommene Zufriedenheit bringen soll. Durch Mephistos Zauberkünste erhofft sich Faust, seiner Angebeteten näher zu kommen.